Marine Le Pen – ein Erfolg für Feministinnen?

Noch eine Woche bis zur Abstimmung in Frankreich: Dann entscheiden die Franzosen, wer ihr nächster Präsident wird – oder ihre nächste Präsidentin. Denn erstmals hat eine Frau eine reelle Chance, die mächtigste Frau im Nachbarland zu werden: Marine Le Pen mit ihrem Front National.

Die ZEIT hatte kürzlich eine Frage gestellt, die mich zum Nachdenken gebracht hat und auf die ich ad hoc keine Antwort parat hatte: Ob der Erfolg von Le Pen nicht auch ein Erfolg für den Feminismus wäre? Schließlich ist sie eine Frau, die eine Karriere in einer sonst männerdominierten Branche gemacht hat. Das würde aber nicht thematisiert werden, sagt die ZEIT – und hat damit Recht.

Als Hillary Clinton Wahlkampf für sich gemacht hat, wurde sie (von einem Teil der Bevölkerung) bejubelt: Dafür, dass sie eine Frau ist und es Zeit für eine weibliche US-Präsidentin ist. Keine Frau feiert Le Pen.

Ist Marine Le Pens Erfolg weniger wert für den Feminismus?

Was suggeriert das? Dass Frauen, die Karriere machen und nach den höchsten Ämtern greifen, nur bejubelt und unterstützt werden, wenn sie die gefühlte Mehrheit der Bevölkerung hinter sich haben, die vermeintlich das „richtige“ Wahlprogramm haben, die mainstream sind? Ist der Erfolg von Le Pen aus feministischer Sicht weniger wert, weil sie so radikale und rechtsextreme Ansichten vertritt?

Im Grunde ist es erstmal ein Erfolg, dass Frauen mittlerweile in mehreren Ländern so nah an die Spitze rücken, dass es normal ist, wenn sie Präsidentin/Kanzlerin werden würden oder sind. Das ist eine theoretische Wertung.

Theoretische und praktische Bewertung weichen voneinander ab

Praktisch geht es um Wahlprogramme und Inhalte, und wenn eine Frau rechtsextreme und ausländerfeindliche Thesen vertritt, macht es das nicht besser, wie wenn ein Mann sie vertreten würde. Dann ist das Geschlecht egal. Im Zweifelsfall würde ich mein Kreuzchen dort machen, wo ich meine politischen Werte und Wünsche gut aufgehoben sehe – egal, ob Mann oder Frau.

Ich komme zu dem Schluss: Wenn man Geschlecht und Wahlprogramm trennt – und das sollte man bei einer theoretischen Bewertung machen, dann ist die Karriere von Le Pen durchaus ein Erfolg – oder sagen wir besser ein Fortschritt – für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern. Trotzdem hoffe ich, dass sie nicht gewinnen wird, denn praktisch wäre ihre Präsidentschaft eine Katastrophe: Für Frankreich, für Europa, für Männer und Frauen.

Tags ,

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.