Hier ein paar schöne Impressionen aus den letzten Wochen aus dem Rheinischen, Bergischen und vom Mittelrhein: Aus der Stadt ….




…und vom Land.


Agathas Welt: Politik, Gesellschaft, Reisen & Genuss
Die letzten warmen Strahlen der Sonne fallen auf die Wiese, es herrscht eine entspannte Spätsommerstimmung in der Bonner Innenstadt. Doch man merkt: Der Herbst ist nicht mehr weit. Das Gedicht von Friedrich Hebbel kommt dem Betrachter in den Sinn, wenn er die Poppelsdorfer Allee entlangschlendert:
Dies ist ein Herbsttag, wie ich keinen sah!
Die Luft ist still, als atmete man kaum,
und dennoch fallen raschelnd, fern und nah,
die schönsten Früchte ab von jedem Baum.
O stört sie nicht, die Feier der Natur!
Dies ist die Lese, die sie selber hält;
denn heute löst sich von den Zweigen nur,
was vor dem milden Strahl der Sonne fällt.
Mein Streifzug durch Beethovens Geburtsstadt fängt den Spätsommer ein.
Die Villa Hügel im Essener Süden ist eines der imposantesten Industriedenkmäler in Deutschland. Der Sitz der Krupps wurde 1873 fertig gestellt, 269 Zimmer soll es in der Villa geben. Genug Platz für die Familienangehörigen der Krupps, übermäßig groß war die Sippe allerdings nie. Heute beherbergt das Gebäude ein Museum und informiert über den Aufstieg und Entwicklung der Kruppdynastie.
Villa Hügel, wie sie getauft worden ist, thront im Süden von Essen, 28 Hektar groß ist das Gelände. Die Krupps waren Nachfolger einer niederländischen Kaufmannsfamilie, die sich im 16. Jahrhundert in der Region Essen niedergelassen hatte. Friedrich Krupp gründete 1811 die Firma und versuchte sich in der Eisenverarbeitung – mit bescheidenem Erfolg. Erst Sohn Alfred (1812-1887) schuf und formte das Imperium: Er expandierte und investierte stark, tausende Männer arbeiteten in seinen Hallen in der Gussstahlproduktion. Alfred Krupp als Firmenpatriarch ließ auch Wohnsiedlungen bauen. Die Krupps besaßen eigene Geschäfte, in denen sich die Arbeiter mit günstigen Lebensmittel eindecken konnten, es wurde eine Krankenversicherung geführt. Sogar um Freizeitbeschäftigungen kümmerte man sich im Krupp’schen Imperium. Was heutzutage Google als Arbeitgeber anbietet bzw. fordert: Leben, arbeiten und Freizeit unter einem Dach, gab es offensichtlich bereits im 19. Jahrhundert.
Waffenproduktion und Zwangsarbeiter: Die beiden Weltkriege bilden einen dunklen Fleck in der Historie der Dynastie
Kurz vor dem ersten Weltkrieg, als das Kaiserreich unter Wilhelm II. sein Gewicht in der Welt vergrößern wollte, betrug der Anteil der Rüstungsproduktion fast 50 %. Wie hoch der Produktionsanteil in ersten oder zweiten Weltkrieg war, darüber schweigt sich das Museum aus. Auch Zwangsarbeiter wurden während des zweiten Weltkriegs in den Krupp’schen Werken beschäftigt, in den 50er Jahren war Krupp eine der ersten Firmen, die Entschädigungen an die Arbeiter zahlten und somit ihre Schuld eingestanden.
Mit vielen gut aufbereiteten Informationen bringt das Museum die Geschichte der Krupps den (häufig internationalen) Besuchern näher. Themengebiete ordnen die Daten, Bilder und Dokumente illustrieren sie und führen den Besucher in die Welt der fortgeschrittenen Industrialisierung in Deutschland. Die Bedeutung der Kruppwerke als „Hitlers Waffenschmiede“ wird allerdings grotesk heruntergespielt. Die Villa lohnt allemal einen Besuch. Als Ausflugtipp kann man den nahen Baldeneysee empfehlen, der nur einen zehnminütigen Spaziergang durch den als englischen Garten angelegten Park entfernt liegt.

Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hat geurteilt: Es kommt keine Helmpflicht für Fahrradfahrer. Unfallopfer erhalten die volle Entschädigung.

Die Spekulationen schossen in den letzten Tagen ins Kraut: Kommt „durch die Hintertür“ die Helmpflicht für Fahrradfahrer? „Spannung vor BGH-Urteil“ schrieb der Stern Online. Und es ist tatsächlich eine Frage, die die Gemüter bewegt. Häufig ist es eine Frage der Ideologie: Auf der einen Seite die einen, die die Sicherheit und Gesundheit hochhalten und ihnen alles unterordnen wollen, auf der anderen Seite die anderen, die auf ihre persönliche Freiheit pochen.
Der Fall machte Schlagzeilen: Eine Fahrradfahrerin in Flensburg war auf dem Weg zur Arbeit, als sie über eine sich öffnende Autotür stürzte und mit dem Hinterkopf auf dem Boden aufschlug. Schädelbruch, Blutungen und Hirnquetschungen waren die Folge. Die Versicherungen wollte anfangs nicht die volle Versicherungssumme zahlen: Die Fahrradfahrerin hätte eine Teilschuld, da sie keinen Helm trug.
Der Fall landete vor dem Bundesgerichtshof. Der urteilte heute: Der Geschädigten steht die volle Summe zu. Das Gericht bestätigte, dass sich die Fahrradfahrer in Deutschland entscheiden können, ob sie einen Helm tragen wollen oder nicht. Es wird auch in Zukunft keine Helmpflicht geben.
Das Manager Magazin zitiert den Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) wie auch den Verkehrsclub Deutschland (VCD), die sich „erfreut“ zeigen: „Wenn ein Radfahrer vollkommen unverschuldet Opfer eines Verkehrsunfalls wird, dann darf ihm niemand seine berechtigten Schadenersatzansprüche streitig machen – egal, ob mit oder ohne Helm gefahren wurde“, erklärte ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork. Auf Spiegel Online sagt Verkehrsminister Dobrindt: „Wir glauben, dass die Freiwilligkeit der richtige Weg ist.“
Viele Radfahrer, die im Helm eine lästige Kopfbedeckung sehen, werden aufatmen. Niemand schreibt ihnen vor, einen Kopfschutz aufzusetzen. Auf der anderen Seite sollte jedem Fahrradfahrer klar sein, dass man bei einem Unfall mit Helm viel bessere Chancen hat als ohne. Der beste Weg: Die Städte sicherer machen für Fahrradfahrer. Solange sich Fußgänger und Radfahrer einen schmalen Bürgersteug teilen müssen, solange Auto und Radfahrer nicht genügend Platz haben, um auszuweichen, wird es nach wie vor viele Unfälle geben.
Sicherheit für Radfahrer ist auch Priorität bei der „Fahrradhauptstadt 2020“. Das Projekt läuft zurzeit in Bonn, die ehemalige Bundeshauptstadt möchte die bestehenden Radwege optimieren, das Radnetz ausbauen, von Vorrangschaltungen für Radfahrer ist die Rede. Ob dieses Projekt in Bonn so weitergeführt wird, ist unklar: Bündnis ’90 / Die Grünen haben das in ihr Kommunalwahlprogramm geschrieben, die FDP Bonn lehnt dies ab. Im Falle einer Jamaika-Koalition im Bonner Stadtrat bleibt es auch für Radfahrer spannend.
Das Bundesverfassungsgericht hat die Drei-Prozent-Hürde bei der Wahl zum Europaparlament einkassiert. Kritiker befürchten eine Fragmentierung des Parlaments und erschwerte Arbeitsbedingungen.
In Europa ist es beinahe gefürchtet: Das deutsche Bundesverfassungsgericht hat sich schon häufiger aktiv in die europäische Politik eingemischt. Das neuste Urteil: Es kippte vergangene Woche die Drei-Prozent-Hürde für die Wahl zum Europaparlament. Hintergrund: Die Wahlen zum Europaparlament werden von jedem Mitgliedstaat selbst geregelt. In Deutschland galt bis Ende 2011 die Fünf-Prozent-Hürde für die Europawahl (genau für die Bundestagswahl). Vor über zwei Jahren hatte das Gericht schon einmal entschieden, dass diese Hürde unzulässig ist. Nachdem die schwarz-gelbe Regierung die „5“ einfach durch eine „3“ ersetzt hatten, klagten unter anderem die „Piraten“ – mit Erfolg.
Ihre Begründung: Es gehen durch diese Hürde sehr viele Stimmen verloren. Und recht haben sie – laut „Welt“-Angaben „verschwanden“ bei der letzten Europawahl quasi 2,8 Millionen Wählerstimmen „ins Nirwana“. Eine enorm hohe Zahl, die das Urteil rechtfertigt. Es kann schließlich nicht sein, dass 2,8 Millionen Stimmen verloren gehen. Die „Welt“ rechnet vor, dass bei der letzten Wahl – wäre die Drei-Prozent-Hürde bereits damals abgeschafft worden – die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) mit knapp über 200.000 Stimmen einen Sitz im Parlament erhalten hätte. Und das wäre gut so gewesen, schließlich ist Europa und sind somit auch wir Deutsche so vielfältig, dass man nicht alle Wähler in das traditionelle Parteienschema stecken kann.
Sogar von „Rückschlag“ ist bei den europäischen Grünen die Rede
Die Kritiker, unter ihnen auch der Präsident des Europaparlaments Martin Schulz, monieren, dass dadurch die Zusammenarbeit erschwert und gemeinsame Positionen schwieriger gefunden werden, da das Parlament viel fragmentierter wird. Na und? Dann müssen sich die Parlamentarier zusammenraufen und mehr Energie in Kompromisse stecken. Die demokratische Legitimierung des Parlaments wird dieses Urteil stärken – leichter wird die Zusammenarbeit allerdings in der Tat nicht. Aber der leichte Weg ist nun einmal nicht immer der bessere.
Der erste Tatort-Krimi mit Christian Ulmen und Nora Tschirner flimmerte an Weihnachten zur besten Fernsehzeit über den Bildschirm.
Das Jahr 2013 war eine Goldgrube für Tatort-Fans. Gleich drei neue Kommissar-Teams wurden eingeführt: Till Schweiger in Hamburg, das Duo Funck/Schaffert in Erfurt und nun Christian Ulmen als Kommissar Lessing und Nora Tschirner alias Kommissarin Kira Dorn. In den Medien wurde im Vorfeld die Rivalität zwischen dem Münsteraner und dem neuen Tatort aus Weimar beschworen. Eins vorneweg: Thiel und Boerne brauchen sich nicht zu verstecken. Mit reichlich flachen und albernen Witzen geht das neue Team an den Start.
Es geht um eine verschwundene Wurstfabrikantin in Weimar. Der hochschwangeren Kommissarin Kira Dorn wird ein neuer Kollege aus Hamburg zur Seite gestellt: Christian Ulmen spielt die Rolle des Kommissars Lessing, wie man ihn kennt – verpeilt, spontan, charmant unverblümt.
Nora Tschirner wurde vom Drehbuchautor allerdings mit zu viel des Guten bedacht: Ihre Figur geht dem Zuschauer nach einiger Zeit reichlich auf die Nerven mit ihren ironischen Bemerkungen. Fast möchte man feixen, als eine Beschuldigte die trostlose Schulzeit des ehemaligen hässlichen Entleins aufdeckt.
Es gibt aber auch ehrlich amüsante Szenen, beispielsweise als der Einsatzleiter nach der gespielten Geiselnahme seine Kollegen schilt: „Die Pizza war von Mykonos? Das nächste Mal kein Risiko eingehen, demnächst von Mario!“ Oder als Lessing halbherzig ausprobiert, ob er in den Kofferraum passt und sich ein saftiges „Nicht so halbschwanger, Lessing, mehr seitlich!“ von seiner Kollegin einfängt. Diese Szenen sind aber leider deutlich in der Minderzahl.
Verfolgungsjagd per Kutsche statt mit Auto: In Weimar ticken die Uhren eben noch anders
Weimar rückt mir dieser Ehre auf in den deutschen Fernseholymp. Allerdings sind die Produzenten selber unsicher, ob dieses Städtchen (knapp 66.000 Einwohner) das verdient hat. So wird Weimar den gesamten Film hindurch als provinziell dargestellt. Jeder kennt hier jeden und weiß auch alles über seine Mitmenschen. Das führt zu skurrilen Kommentaren. Dorn und Lessing observieren eine Verdächtige: „Das ist die Ex von meinem Bruder“, weiß die Kommissarin zu berichten und fügt ganz nebenbei hinzu: „Sie hat die Lampe gemacht, die auf meinem Schreibtisch steht.“ Die Welt ist ein Dorf – und Weimar erst recht.
Interessant und erwähnenswert sind noch die ständigen Anspielungen auf die Serie. Abgesehen davon, dass die Tote sich einen ruhigen Abend hatte machen wollen und den Tatort schauen wollte, ertönt häufig als Hintergrund eine Variante der Titelmelodie. Selbstreferenzialität ist zwar kein absolutes Novum bei den Tatortfilmen, aber so deutlich wie in dieser Episode gab es das noch nie.
Mein Fazit: Unterhaltend und mit einigen guten Witzen. Dennoch kann ich die Lobhudelei des Spiegels („strahlende Dialoge“, „Trumpf“) nicht nachvollziehen. Das neue Team muss sich die prominente Sendezeit eindeutig erst verdienen.
Hier geht’s zum Spiegel-Artikel: http://www.spiegel.de/kultur/tv/weimar-tatort-mit-christian-ulmen-und-nora-tschirner-a-938885.html.
Schöne Kleidung, die fair produziert wurde und erschwinglich ist: Dieser Wunsch wird mehr und mehr Realität. Fairtrade-Kleidung findet man mittlerweile nicht nur bei Start-Ups, sondern liegt auch bei großen Unternehmen im Regal. Doch der Weg zu dem zertifizierten T-Shirt ist mühsam: Man muss sich durch einen Dschungel an Siegeln und Labeln kämpfen.
Die Bilder gingen um die Welt: Im April starben bei einem Brand in einer Textilfabrik in Bangladesh über 100 Menschen. Sie haben für Firmen wie KiK und C&A Kleidung genäht; Kleidung, die in Discountern in Deutschland verkauft wurde. Die Ursache war schnell ausgemacht: Die Brandschutzbestimmungen wurden nicht eingehalten. Doch je mehr man sich mit dem Thema beschäftigt, umso mehr wird klar: Es liegt nicht an einzelnen Verfehlungen von einigen Firmen.
Es scheint ein ganzes System dahinterzustecken: In Asien wird billige Kleidung für die „westliche Welt“ – also vorwiegend Europa und die USA – hergestellt, Opfer werden hingenommen. Ob die Näherinnen bei Bränden nicht aus dem Gebäude herauskommen, weil die Fenster vergittert sind, ob Färber Jeans mit stark giftigen Farbmitteln behandeln und ihre Haut nicht schützen oder ob Textilarbeiterinnen mit ihrem Gehalt kaum über die Runden kommen: Das alles steckt hinter einem T-Shirt für 6,99 Euro.
In Ländern wie Bangladesh arbeiten Näherinnen teils unter unmenschlichen Arbeitsbedingungen, um billige Kleidung herzustellen
19 Stunden am Stück ließ eine Firma, die unter anderem auch Kleidung für Lidl herstellt, die Näherinnen arbeiten, enthüllte jüngst eine BBC-Reportage. Gisela Burckhardt weiß noch mehr solcher Geschichten, sie engagiert sich für die Kampagne für saubere Kleidung (CCC), die sich für die Rechte der Frauen in der Textilindustrie stark macht und die gegen Billiglöhnerei und Ausbeutung kämpft. Die promovierte Pädagogin rechnet zusammen, dass in den letzten acht Jahren alleine in Bangladesch 1800 Menschen durch Brände in Textilfabriken gestorben sind. Vom Mindestlohn, der derzeit bei 28 Euro im Monat liegt, kann keiner leben. Dabei macht der Lohnanteil bei einer Jeans gerade einmal ein mageres Prozent aus, die Materialkosten immerhin 13 Prozent. Das sind die Gelder, die ins Textil verarbeitende Land fließen, den Rest sacken sich die vertreibenden Unternehmen ein.
Eine gute Orientierung durch den Siegel-Dschungel ist Gold wert
Es gibt mittlerweile immer mehr Firmen, die diesen Weg nicht mitgehen wollen und die sich fairer Kleidung verschrieben haben. Viele der Textilstücke tragen Labels und Siegel. Diese signalisieren, dass die Kleidung bestimmte Anforderungen erfüllt und leisten somit einen wichtigen Beitrag, was das Vertrauen in Kontrolle und Erfüllung dieser Anforderungen, betrifft. Doch noch ist es für Verbraucherinnen und Verbraucher schwierig, sich durch die Bestimmungen der einzelnen Siegel zu kämpfen. Was genau heißt fair und ist es das gleiche wie Bio? Gisela Burckhardt macht schnell klar: Fair gehandelt und ökologisch produziert sind zwei völlig verschiedene Paar Schuhe. Die meisten Siegel stehen nur für „entweder oder“: Zum Beispiel sind GOTS und Naturtextil reine Bio-Siegel, das bekannte Fairtradesiegel hingegen, das man vom morgendlichen Kaffee her kennt, und das Label der Fair Wear Foundation haben mit Bio erst einmal nichts am Hut. Und dann gibt es wiederum Unterschiede zwischen den einzelnen Siegeln: Bei GOTS müssen die Kleidungsstücke aus mindestens 70 Prozent Bio-Baumwolle hergestellt sein, bei Naturtextil müssen die 100 Prozent voll gemacht werden, Fair Wear Foundation „siegelt“ generell keine einzelne Produkte, sondern zeichnet nur ganze Unternehmen aus.
Hilfestellungen bieten Ratgeber oder Einkaufshelfer. Alles in allem tut sich etwas in dieser Branche, die ersten Schritte sind getan – doch der Weg ist noch weit.
Wer atemberaubende Naturschauspiele sucht, wird in der wilden Mongolei fündig. Neben spektakulären Ausblicken und kultureller Vielfalt haben die Nachfahren Dschingis Khans eins im Überfluss: Raum und Weite.
In Deutschland wird erbittert um Solarenergie gestritten. Doch in welchem Land der Erde gehören Solaranlagen zur Grundversorgung? In der Mongolei! Das hätte man als Europäer nicht vermutet, doch es ist wahr: Zu den allermeisten Nomadenjurten gehört eine Solaranlage, die den Bewohnern etwas Strom spendet. Willkommen im Reich der Nomaden, wo Traditionen wie zu Dschingis Khans Zeiten sich mit den Technologien der Gegenwart vermengen. Rund ein Drittel der mongolischen Bevölkerung lebt als Nomaden, das sind knapp eine Million Menschen. Alle paar Wochen packen sie ihre Zelte zusammen und ziehen weiter – immer auf der Suche nach frischen Weidegründen für ihr Vieh.

Doch wer in die Mongolei fährt, hat vor allen Dingen eins im Sinn: Die Natur. Denn wenn das Land etwas genug hat, dann ist es Steppe in allen Variationen, Wüste und Grasland.
Nicht nur Grasland – in der Mongolei findet man sechs unterschiedlich geografische Zonen: Die Hochgebirgszone, die Gebirgstaiga, die Gebirgswaldsteppe, die Steppe, die Wüstensteppe und die Wüste

In der Provinz Bulgan, nordwestlich der Hauptstadt Ulan Bator (mongolisch: Ulaanbaatar), sind die Wiesen grün und saftig, karge Baumbestände wechseln sich mit sanft geschwungenen Hügeln ab. Die Frische kommt nicht von ungefähr: Es regnet viel und mancherorts wähnt man sich in irischen Gefilden. Im Hunnental in der Arkhangai-Provinz, das sich südlich zieht, erlebt man die Mongolei, so wie man es sich als Europäer erträumt hat: Ein Fluss durchfließt das Tal, wie ein Band schlängelt er sich durch die grüne Landschaft.
Weiße Punkte entlang des Ufers verraten die Jurten und ihre Bewohner. Überall Tiere, soweit das Auge blickt: Ziegen, Schafe und Pferdeherden durchqueren die Steppe. Trotz Sommer ist es kühl, morgens ziehen Nebelschwaden an den Hügeln entlang. Tiefhängende Wolken schmiegen sich an die Berge – kommt die Sonne raus, erkennt man die komplizierten und filigranen Muster, die die Wolken auf die Berge malen.

Die Gobi: Trockene Steppe, kaum Vegetation und doch belebt
Fährt man noch weiter in den Süden, kommt man langsam aber sicher in das Gebiet der Gobi. Sichere Anzeichen sind die ersten Kamele, die durch die karge Steppe streifen. Die Mongolen benutzen den Begriff „Gobi“ nicht für eine bestimmte Region, sondern bezeichnen damit einen bestimmten Landschaftstypus: Der Begriff „Gobi“ bezeichnet eine trockene Wüstensteppe oder eine Fels- und Geröllwüste.

Wer das Tal der Gobiseen durchquert (eine 600 Kilometer breite Senke von Nordwest nach Südost) und eine Rast inmitten der knochentrockenen Steppe macht, dem fällt sofort die Stille auf, die in der Wüste herrscht. Bleiern legt sie sich auf die Ohren, erst nach einigen Sekunden der Gewöhnung vernimmt man ganz leise von fern ein Zirpen und Rascheln. Es ist brütend heiß, das Quecksilber klettert locker Richtung 40 Grad Celsius und das ist durchaus noch moderat. Am Horizont flimmert die Altai-Gebirgskette, einzige Vegetation sind die Abermillionen Saxaulbüsche, die alle paar Zentimeter die Steppe bedecken. Ja, dieser Ort wird zu Recht als „lebensfeindlich“ bezeichnet, auch wenn natürlich Leben herrscht: Einzelne Fliegen summen und bezeugen, dass dieser Ort nicht vollkommen verlassen ist. Zwei einzelne Nomadenjurten entdeckt man in der Ferne und fragt sich gleichzeitig, wie Menschen hier überleben können.

Wer in der Wüste ist, sollte sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen und den Sternenhimmel bewundern. Fernab von jeder Lichtverschmutzung kann man das ganze Ausmaß der Schönheit sehen: Tausende Sterne glitzern und funkeln am Firmament und reichen bis hinunter zum Horizont. Man hat das Gefühl, inmitten eines Sternenregens zu stehen.
Nirgendwo hat man so eine gute Sicht auf die Milchstraße, die sich wie ein weißes Band quer über den Himmel schlängelt. Auch die Sonnenaufgänge sind von betörender Schönheit: Wenn es gegen halb fünf Uhr im Sommer hell wird, tauchen die ersten Sonnenstrahlen die östlichen Ausläufer des Gobi-Altais in rosafarbenes Licht. Der Sand scheint minütlich die Farbe zu wechseln und geht die gesamte Palette an Pastellfarben rauf und runter, bis schließlich um halb sechs die Sonne aufgeht, das rosafarbene Licht verscheucht und der Tag anbricht.

Atemberaubende Landschaften wechseln sich ab – mal fühlt man sich in die Alpen versetzt, dann wieder erinnert die karge Natur an Patagonien
Die Reise führt zurück in den Norden. Man fährt vorbei an blühenden Wiesen, die von gelben und lilanen Farbtupfern übersäht sind. Es geht vorbei an den klaren und tiefblauen Bächen des Orkhontals, an den bunten buddhistischen Klöstern mit ihren knarzenden und quietschenden Gebetsmühlen. Und schließlich landet man dort, wo die Reise angefangen hat und wo alle Wege hinführen: Ulan Bator. Eine typisch postkommunistische Metropole, als Schönheit oder Juwel kann man sie weiß Gott nicht bezeichnen. Und dennoch findet man dort einen faszinierenden und spannenden Mix aus sozialistischer Architektur, alten Tempelanlagen und modernen Bauten.

Die Mongolei ist ein Reiseland für die Sinne: Atemberaubende Landschaften ziehen am Reisenden vorbei, man trifft Menschen, die sich ihre ursprüngliche Lebensweise bewahrt haben und doch dem Fortschritt geöffnet haben. Und nicht zuletzt findet man das, wofür die Mongolei bekannt ist und wofür sie steht: Ruhe und Weite.













Was wollen junge erwachsene Frauen heute? Welchen Lebensentwurf haben sie? Die 33-jährige Regisseurin Beatrice Möller ist dieser Frage nachgegangen und hat drei Frauen um die 30 mehrere Jahre begleitet. Ihr Film „alles, was wir wollen“ beschäftigt sich mit den Erwartungen und Schwierigkeiten bei der Lebensgestaltung junger Frauen in der heutigen Gesellschaft.

Im kleinen Kinosaal der Bonn-Beueler Filmbühne fühlt man sich um einige Jahrzehnte zurückversetzt: Rote Stoffverkleidung, in der Ecke steht ein alter Projektor. Im Publikum: Mehrheitlich junge Frauen, Männer und alte Leute sind in der Minderzahl. Die Frauen und Mädchen scheinen sich versammelt zu haben, um eine Antwort auf die wichtigste Frage von allen zu erhalten: Welches Leben möchte ich führen?
Fünf Jahre lang hat Regisseurin Beatrice Möller drei Frauen begleitet. Claudia, Mona und Marie-Sarah sind Journalistinnen, Übersetzerinnen und Schauspielerinnen, doch sie alle haben eins gemeinsam: Sie gehören der „Generation Y“ an, wollen vieles anders machen als ihre Eltern, schwanken dabei aber zwischen Emanzipation und Sehnsucht nach Familie und häuslichem Leben, zwischen Arbeitsleben und Kindererziehung und zwischen Chefsessel und Praktikum. Gefangen in der „Spaß und Wegwerf-Gesellschaft“ machen sie sich Gedanken über Verantwortung und Werte und die Frage „Wo gehöre ich hin?“.
Mona arbeitet in einem Übersetzungsbüro. Sie ist 35 Jahre alt und sagt: „Manchmal werde ich gefragt, ob ich Familie habe und verheiratet sei. Da denke ich: ,Das ist doch noch gar nichts für mich, ich fühle mich noch so jung’. Prinzipiell bin ich aber in dem Alter, in dem ich auch ein ganz anderes Leben führen könnte.“ Früher war einiges einfacher: Man hat studiert und einen Beruf erlernt, einen Mann kennengelernt und eine Familie gegründet, dann kam das Haus hinzu. Doch heutzutage fragen sich immer mehr junge Leute, ob sie dieses klassische Leben überhaupt leben möchten. Möchte man Kinder und eine Familie, weil man sich wirklich danach sehnt, oder weil es das gesellschaftlich vorherrschende Modell ist? Ein zentraler Punkt im Film sind die Begegnungen mit den Müttern der Protagonistinnen. Als Zuschauer sieht man sofort das Konfliktpotenzial dieser Begegnungen, wenn zwei Generationen aufeinandertreffen. Junge Frauen machen heute andere Erfahrungen als ihre Mütter und treffen andere Entscheidungen, das stößt bei vielen Müttern auf Unverständnis: Ob man keiner geregelten und (vermeintlich) sicheren Arbeit nachgeht, ob man sich (noch) nicht binden möchte oder aus Rücksicht auf berufliche Perspektiven den Kinderwunsch so weit wie möglich nach hinten schiebt.
Zu viele offene Türen lähmen – man kann sich nicht für alles entscheiden
In der Fülle an Lebensentwürfen, die einem jungen Menschen heute geboten werden, ist es schwierig, seinen persönlichen Lebensplan zu erkennen. Unsicherheit und Entscheidungsschwierigkeiten sind nur zwei Probleme, die daraus erwachsen. Die Schauspielerin Marie-Sarah bewirbt sich für ein Engagement nach dem anderen. Mal klappt es, mal nicht. Sie sei 29 Mal umgezogen, zählt sie nach. Und dennoch kann sie sich nicht festlegen und flattert wie ein Schmetterling von einem Ort zum anderen, von einer Idee zur nächsten: „Mir war das Herz groß für alles“, antwortet sie auf die Frage, warum sie sich für ein – in den Augen vieler anderer – so unstetes Leben entschieden hat. Ihre Mutter drückt es so aus: „Ihr jungen Leute habt zu viel Freiheit, um Entscheidungen zu treffen. Aus Angst, etwas zu verpassen, drückt ihr euch vor Entscheidungen, denn mit einer Entscheidung muss man bis zum Lebensende leben.“
Auch formulieren die Protagonistinnen den Wunsch nach Halt und Kontrolle über das eigene Leben, doch Sicherheit gibt es nicht. Überhaupt ist das Erwachsenwerden ein fließender Prozess – man kann es nicht wie eine Pizza bestellen und liefern lassen. Mona sagt: „Ich fühle mich, als ob ich einen Berg raufklettere und mich frage: ,Wo ist die Plattform, wo ich einmal verschnaufen kann und einen Blick auf mein Leben werfen kann?’ Nach dem Motto: ,Aha, so sieht mein Leben also aus!“
Viele Zuschauerinnen werden sich in dem Porträt der Frauen selbst erkennen
Der Film zeichnet drei intime Porträts von jungen Frauen, die sich auf den Weg gemacht haben, sich selbst zu entdecken. „Die Frauen geben viel von sich preis, das finde ich sehr mutig“, sagt Beatrice Möller. Sie hat den Film gedreht, weil sie sich in der gleichen Situation wiederfand: „Das waren auch meine Fragen“, gesteht sie. Die Arbeit hat ihr viel gebracht: „Ich fühle mich wohler und zweifle nicht mehr so stark an dem, was ich tue.“
Den Reaktionen im Kinosaal merkt man an: Möller ist mit den drei Protagonistinnen auf der Leinwand nicht alleine mit diesen Fragen. Das ist wohl das Herausragende an dem Film: Er macht Mut, sich auf die Suche nach dem eigenen, individuellen Lebensweg zu machen. Man sollte mutig die Chancen ergreifen, die die heutige Welt bietet, denn schließlich gibt es keinen „falschen Lebensentwurf“. Und es ist äußerst wohltuend zu wissen, dass sich so viele andere junge Frauen genau die gleichen Fragen stellen.
Lange Zeit wurde es als Kavaliersdelikt angesehen, mittlerweile hat sich der Wind gedreht: Steuerhinterziehung ist eine Straftat, darin sind sich alle Bürgerinnen und Bürger einig. Spätestens seit die Selbstanzeige von Fußballlegende Uli Hoeneß ans Licht kam, wird der Blick auf ein Phänomen gelenkt, was in den letzten Jahren (gefühlt) erheblich zugenommen hat.
Die Nachricht rauschte durch die ganze Gesellschaft: Ende April meldeten die Medien, dass FC Bayern-Präsident Uli Hoeneß Steuern in Millionenhöhe hinterzogen haben soll. Er habe sich selbst angezeigt, um Strafzahlungen zu entgehen. Die Wellen schlagen seitdem hoch in Deutschland: Polittalkrunden überbieten sich mit Analysen und Lösungsansätzen, es wird über Moral oder Sittenverfall gestritten, das Thema füllt ganze Zeitungen.
Ob Privatpersonen oder Unternehmen – „Steuervermeidungsstrategien“ scheinen im Trend
Erst Zumwinkel, dann Hoeneß, jetzt der Konzern Apple: Sie alle machen sich des gleichen Vergehens schuldig: Sie haben Steuern hinterzogen. Apple gibt gerade wie auch andere große US-Unternehmen wie Google oder Microsoft kein gutes Bild ab: Der IT-Gigant habe bis zu 70 Milliarden Dollar Steuern umgangen – alles legal selbstverständlich. Geschickt habe das US-amerikanische Unternehmen den Fiskus umgangen, in dem es Gewinne in ausländische Tochterfirmen schob, dorthin, wo die Steuersätze günstiger waren als auf dem heimischen Markt. Zum Beispiel nach Irland: Das kleine Land lockte mit einem besonders niedrigen Steuersatz Firmen an. Apple soll mit dem „keltischen Tiger“ sogar eine Steuerquote von zwei Prozent ausgehandelt haben, statt der üblichen Rate von zwölf Prozent, berichtet ZEIT online. Warum die Firmen dies tun, ist offensichtlich: Warum mehr zahlen, wenn man mit paar Zahlentricksereien Bares sparen kann? Für Apple-Chef Tim Cook endete diese Strategie allerdings vor dem US-Kongress, vor den er Ende Mai zum Rapport bestellt wurde.
Durch legale Steuertricks und Schlupflöcher entgehen den Staaten riesige Summen an Steuern
Auch die Europäische Union will und muss sich des Themas annehmen. Auf dem EU-Gipfel am 23. Mai kam das Thema auf die Agenda. Klar ist: Es geht nur gemeinsam. Die Wirtschafts- und Währungsunion ist mittlerweile so verflochten, dass Alleingänge nicht fruchten. Automatischer Datenaustausch zwischen der Europäischen Union und den als „Steueroasen“ geltenden Drittländern wie Schweiz und Liechtenstein, verschärftes EU-Zinssteuergesetz – es mangelt nicht an Ideen. Der Nachholbedarf scheint groß.
Doch (zumindest in Deutschland) täuscht der Eindruck: Die Maßnahmen, um Steuersünder aufzuspüren und zur Rechenschaft zu ziehen, sind in den letzten Jahren immer wieder verschärft worden. Für Dr. Markus Brender ist klar, was dahinter steckt: „Die staatliche Finanznot ist Ausgangspunkt für ein nachhaltiges staatliches Bemühen, Steuerhinterziehungen aufzuspüren.“ Ziel sei, dadurch „das Steueraufkommen zu erhöhen“, sagt der Fachanwalt für Steuerrecht. Im Klartext: Der Staat ist klamm und sucht verstärkt Wege, um mehr Geld in die leeren Kassen zu spülen. Geld, das ihm zusteht.
„Erheblicher Steuerwiderstand“
Doch welche Beweggründe haben Steuer-„sünder“, warum galt der „Steuerbetrug“ lange Zeit als „Kavaliersdelikt“, als eine nicht so schwere Sünde wie andere Straftaten? Dr. Markus Brender glaubt in seiner Publikation Aktuelles Steuerstrafrecht, die Antwort zu kennen: Der konkrete Schaden, der durch die Hinterziehung entstehen würde, sei für den Bürger nicht offensichtlich. So bleibe der Schaden abstrakt und somit nicht greifbar. Auch verweist Brender auf ein „nicht mehr überschaubares Geflecht von Steuerregelungen und -ausnahmen.“ Dadurch und durch einen gefühlt „als überzogen empfundenen Fiskalanspruch“ glaubt der Bürger oder die Bürgerin „eine Art moralisches Recht zur steuerlichen Notwehr zu besitzen.“
Auf der einen Seite ist sich der Anwalt sicher, dass die Steuerhinterziehung nicht länger als Kavaliersdelikt empfunden werde. Dennoch: „Der Steuerwiderstand bleibt erheblich.“ So schnell werden sich Steuerfahnder nicht nach einem neuen Job umsehen müssen.