Ihr wollt einen Kurztrip machen, wisst aber nicht wohin? Soll nicht weit weg sein, relativ günstig und mal „was anderes“? Willkommen in Warschau – „Witamy w Warszawie“!
Die polnische Hauptstadt blickt auf eine lange Geschichte zurück (Hauptstadt ist sie übrigens erst seit 1596, davor war es Krakau) und hat schon viel erlebt: Kriege, Könige, Kommunismus – alles hat sie vorbeiziehen sehen. Das merkt man ihr heute noch an. Im zweiten Weltkrieg wurde Warschau stark zerstört, die Altstadt inklusive dem Königspalast wurde danach aber komplett wieder neu errichtet. Sieht alles top aus, ein Besuch im Schloss lohnt sich! Natürlich findet man aber dort die meisten Touristen. Generell gilt Warschau noch als Geheimtipp und ist in keinster Weise überlaufen wie andere europäische Hauptstädte. Natürlich liegt es daran, dass das Gesicht der Stadt stark vom Kommunismus geprägt ist: Man sieht immer noch Viertel voll mit Plattenbauten, langgezogenen Straßen zwischen Häuserfluchten und schmutzig-kitschigen Märkten.
An jeder Straßenecke atmet man in Warschau Geschichte
Aber Warschau entwickelt sich auch viel schneller als andere Städte und holt auf: Das kulturelle Angebot hat enorm zugenommen, es gibt tolle Museen und Ausstellungen, nicht zuletzt wurde für die Fußball-Europameisterschaft 2012 das Stadion komplett saniert. Auch die Einkaufsmöglichkeiten erschlagen einen: Ob man auf der „Flaniermeile“ Nowy Swiat bummeln geht, oder in den goldenen Terrassen (zlote terasy): Mittlerweile sieht man die gleichen großen Shoppingcenter wie überall. Hier sieht man, dass Modernisierung nicht gleich für Individualisierung steht. Mein Tipp: Auf jeden Fall abseits der Menschenströme die polnische Hauptstadt entdecken. Hier einige Ideen:
Universitätscampus: eine Stadt in der Stadt
Wenn man über den Campus schlendert und Richtung Weichsel und Unibibliothek geht (im Sommer ist der Dachgarten geöffnet, von dort hat man einen sehr schönen Blick über Warschaus Dächer), gibt es mehrere süße Studenten-Cafés, in denen man es sich bei einem fair gehandelten Tee und selbst gebackenen Kuchen gemütlich machen kann.
Im Sommer bei schönem Wetter unbedingt die ganzen Parks und Grünflächen nutzen: Der Lazienki-Park (früheres Jagdgebiet der Könige) mit verschiedenen Bädern und Orangerien ist eine wahre Augenweide, wenn alles blüht. Im Sommer gibt es dort jeden Sonntag Chopinkonzerte, Eintritt ist frei! Warschau hat auch zwei botanische Gärten zu bieten und den Ogrod Saski (Sächsichen Garten) im Zentrum mit den Springbrunnen.
Wer sich mehr für Geschichte interessiert, kann über den Powazki-Friedhof schlendern. Dort entdeckt man viele wunderschöne alte Gräber mit tollen Figuren. Hier sind auch viele Widerstandskämpfer begraben. A propos Geschichte und zweiter Weltkrieg: Das polnische Volk ist sehr geschichtsbewusst und auch sehr feinfühlig. Der zweite Weltkrieg hat sich mndestens genauso tief (wenn nicht noch stärker) in das kulturelle Gedächtnis der Polen eingebrannt wie in Deutschland.
Eine Stadt mit Altlasten hat ihren Weg in die Moderne gefunden
Sehenswert ist auch der Palac Wilanowski im Südosten von Warschau. Gebaut wurde das Schloss Ende des 17. Jahrhunderts als Vorstadtresidenz von König Johann Sobieski III.
Die Infrastruktur ist ganz gut: Eine topmoderne Metrolinie führt von Süd nach Nord (geplant ist auch eine zweite West-Ost Linie). Es gibt ein ganzes Netz von Straßenbahnen, Busse fahren selbstverständlich auch, beide Verkehrsmittel sind aber auch häufig alt und können nicht mit der neuen Metro mithalten. Essen gibt es an jeder Straßenecke, meistens aber fleischlicher Imbiss. Mitlerweile gibt es sogar vegane/vegetarische Restaurants/Salatbars! Unbedingt ausprobieren: In eine bar mleczny gehen. Die Milchbar ist ein Relikt aus vergangenen Zeiten des Kommunismus, es sind quasi staatlich subventionierte Kantinen. Man kann dort für super wenig Geld Hausmannskost erhalten. Das Ambiente ist meistens auch noch sehr kommunistisch-spartanisch, sofort fühlt man sich in vergangene Zeiten versetzt! Hier und da gibt es Milchbars mit modernerem Flair. Der Kulturpalast inmitten des Zentrums ist Objekt der Hassliebe der Warschauer: Einige halten das Riesengebäude, was Stalin 1952 den Polen „schenkte“, für eine architektonische Schande (es ist dem Moskauer Stil nachgeahmt), andere empfinden es mittlerweile als Wahrzeichen der Stadt und haben sich mit ihm versöhnt.