Schöne Kleidung, die fair produziert wurde und erschwinglich ist: Dieser Wunsch wird mehr und mehr Realität. Fairtrade-Kleidung findet man mittlerweile nicht nur bei Start-Ups, sondern liegt auch bei großen Unternehmen im Regal. Doch der Weg zu dem zertifizierten T-Shirt ist mühsam: Man muss sich durch einen Dschungel an Siegeln und Labeln kämpfen.
Die Bilder gingen um die Welt: Im April starben bei einem Brand in einer Textilfabrik in Bangladesh über 100 Menschen. Sie haben für Firmen wie KiK und C&A Kleidung genäht; Kleidung, die in Discountern in Deutschland verkauft wurde. Die Ursache war schnell ausgemacht: Die Brandschutzbestimmungen wurden nicht eingehalten. Doch je mehr man sich mit dem Thema beschäftigt, umso mehr wird klar: Es liegt nicht an einzelnen Verfehlungen von einigen Firmen.
Es scheint ein ganzes System dahinterzustecken: In Asien wird billige Kleidung für die „westliche Welt“ – also vorwiegend Europa und die USA – hergestellt, Opfer werden hingenommen. Ob die Näherinnen bei Bränden nicht aus dem Gebäude herauskommen, weil die Fenster vergittert sind, ob Färber Jeans mit stark giftigen Farbmitteln behandeln und ihre Haut nicht schützen oder ob Textilarbeiterinnen mit ihrem Gehalt kaum über die Runden kommen: Das alles steckt hinter einem T-Shirt für 6,99 Euro.
In Ländern wie Bangladesh arbeiten Näherinnen teils unter unmenschlichen Arbeitsbedingungen, um billige Kleidung herzustellen
19 Stunden am Stück ließ eine Firma, die unter anderem auch Kleidung für Lidl herstellt, die Näherinnen arbeiten, enthüllte jüngst eine BBC-Reportage. Gisela Burckhardt weiß noch mehr solcher Geschichten, sie engagiert sich für die Kampagne für saubere Kleidung (CCC), die sich für die Rechte der Frauen in der Textilindustrie stark macht und die gegen Billiglöhnerei und Ausbeutung kämpft. Die promovierte Pädagogin rechnet zusammen, dass in den letzten acht Jahren alleine in Bangladesch 1800 Menschen durch Brände in Textilfabriken gestorben sind. Vom Mindestlohn, der derzeit bei 28 Euro im Monat liegt, kann keiner leben. Dabei macht der Lohnanteil bei einer Jeans gerade einmal ein mageres Prozent aus, die Materialkosten immerhin 13 Prozent. Das sind die Gelder, die ins Textil verarbeitende Land fließen, den Rest sacken sich die vertreibenden Unternehmen ein.
Eine gute Orientierung durch den Siegel-Dschungel ist Gold wert
Es gibt mittlerweile immer mehr Firmen, die diesen Weg nicht mitgehen wollen und die sich fairer Kleidung verschrieben haben. Viele der Textilstücke tragen Labels und Siegel. Diese signalisieren, dass die Kleidung bestimmte Anforderungen erfüllt und leisten somit einen wichtigen Beitrag, was das Vertrauen in Kontrolle und Erfüllung dieser Anforderungen, betrifft. Doch noch ist es für Verbraucherinnen und Verbraucher schwierig, sich durch die Bestimmungen der einzelnen Siegel zu kämpfen. Was genau heißt fair und ist es das gleiche wie Bio? Gisela Burckhardt macht schnell klar: Fair gehandelt und ökologisch produziert sind zwei völlig verschiedene Paar Schuhe. Die meisten Siegel stehen nur für „entweder oder“: Zum Beispiel sind GOTS und Naturtextil reine Bio-Siegel, das bekannte Fairtradesiegel hingegen, das man vom morgendlichen Kaffee her kennt, und das Label der Fair Wear Foundation haben mit Bio erst einmal nichts am Hut. Und dann gibt es wiederum Unterschiede zwischen den einzelnen Siegeln: Bei GOTS müssen die Kleidungsstücke aus mindestens 70 Prozent Bio-Baumwolle hergestellt sein, bei Naturtextil müssen die 100 Prozent voll gemacht werden, Fair Wear Foundation „siegelt“ generell keine einzelne Produkte, sondern zeichnet nur ganze Unternehmen aus.
Hilfestellungen bieten Ratgeber oder Einkaufshelfer. Alles in allem tut sich etwas in dieser Branche, die ersten Schritte sind getan – doch der Weg ist noch weit.