Das Bundesverfassungsgericht hat die Drei-Prozent-Hürde bei der Wahl zum Europaparlament einkassiert. Kritiker befürchten eine Fragmentierung des Parlaments und erschwerte Arbeitsbedingungen.
In Europa ist es beinahe gefürchtet: Das deutsche Bundesverfassungsgericht hat sich schon häufiger aktiv in die europäische Politik eingemischt. Das neuste Urteil: Es kippte vergangene Woche die Drei-Prozent-Hürde für die Wahl zum Europaparlament. Hintergrund: Die Wahlen zum Europaparlament werden von jedem Mitgliedstaat selbst geregelt. In Deutschland galt bis Ende 2011 die Fünf-Prozent-Hürde für die Europawahl (genau für die Bundestagswahl). Vor über zwei Jahren hatte das Gericht schon einmal entschieden, dass diese Hürde unzulässig ist. Nachdem die schwarz-gelbe Regierung die „5“ einfach durch eine „3“ ersetzt hatten, klagten unter anderem die „Piraten“ – mit Erfolg.
Ihre Begründung: Es gehen durch diese Hürde sehr viele Stimmen verloren. Und recht haben sie – laut „Welt“-Angaben „verschwanden“ bei der letzten Europawahl quasi 2,8 Millionen Wählerstimmen „ins Nirwana“. Eine enorm hohe Zahl, die das Urteil rechtfertigt. Es kann schließlich nicht sein, dass 2,8 Millionen Stimmen verloren gehen. Die „Welt“ rechnet vor, dass bei der letzten Wahl – wäre die Drei-Prozent-Hürde bereits damals abgeschafft worden – die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) mit knapp über 200.000 Stimmen einen Sitz im Parlament erhalten hätte. Und das wäre gut so gewesen, schließlich ist Europa und sind somit auch wir Deutsche so vielfältig, dass man nicht alle Wähler in das traditionelle Parteienschema stecken kann.
Sogar von „Rückschlag“ ist bei den europäischen Grünen die Rede
Die Kritiker, unter ihnen auch der Präsident des Europaparlaments Martin Schulz, monieren, dass dadurch die Zusammenarbeit erschwert und gemeinsame Positionen schwieriger gefunden werden, da das Parlament viel fragmentierter wird. Na und? Dann müssen sich die Parlamentarier zusammenraufen und mehr Energie in Kompromisse stecken. Die demokratische Legitimierung des Parlaments wird dieses Urteil stärken – leichter wird die Zusammenarbeit allerdings in der Tat nicht. Aber der leichte Weg ist nun einmal nicht immer der bessere.