Nummer 33 war eindeutig der Beste. Oder war es Nummer 34? Bei der Weinreise durch die Pfalz, Rheinhessen und an die Nahe probieren wir über 50 Weine, da kann man schonmal was durcheinander bringen. Einer bleibt allerdings in Erinnerung: Der Pornfelder von Lukas Krauß. Mit seinem Marketingkonzept ist er Deutschlandweit bekannt geworden.
Morgens, halb zehn, irgendwo in der Pfalz. Um zum Weingut von Lukas Krauß zu gelangen, fährt man an Gemüsefeldern vorbei, in der Ferne schlängelt sich die Weinstraße an den Hängen. Schnell ist man der unscheinbaren Einfahrt vorbeigefahren, der Busfahrer muss zurücksetzen. Lukas Krauß begrüßt die Mutigen, die bei gefühlten 35 Grad eine Weinprobe im Wingert machen möchten. Krauß, 27 Jahre, khakifarbene Cargohose, Lederkette, wartet im Hof. Sein Markenzeichen: Der Cordhut. Daher auch: Mann mit Hut. So vermarktet der Pfälzer seine Weine. 2008 war sein erster Jahrgang, der „Pornfelder“ – eine Mischung aus den Weinsorten Portugieser und Dornfelder – war geboren. Seine Marketingstrategie sorgte für Furore in der Weinwelt. Endlich mal ein junger moderner Winzer! „Sex und Rock’n’Roll“ jubelte der Stern.
Lukas Krauß muss lachen, als er an die Anfangszeit zurückdenkt: „Dilettanisch“ sei er herangegangen. Nicht an den Wein, aber beispielsweise an die Herstellung der Etiketten. Die hat er anfangs nämlich selber gemacht, inklusive Raster zeichnen und draufkleben. Mit Photoshop wäre es einfacher gewesen. Das Logo für seinen Pornfelder hat allerdings nicht er gezeichnet, sondern eine Agentur. Zwei halbnackte Frauen, die sich um eine Flasche räkeln. Das hätte man Lukas Krauß, Vater zweier kleiner Kinder, auch nicht zugetraut. Man muss sich auch fragen, ob es tatsächlich so innovativ ist, mit nur pseudomäßig verdeckten Brüsten für Lebensmittel zu werben. Ist es nämlich nicht. Ein Aufreger für jede Frau, die zur Abwechslung mit Kompetenz und Intelligenz überzeugen möchte.
Es geht über den Hof, vorbei an den Lagebehältern hinein in die Halle. Lukas Krauß‘ Vater wuselt im Hintergrund herum: Auch er trägt einen Hut – aus Stroh diesmal. Macht der 27-Jährige etwas anders als sein Vater – außer, dass er den Stroh- gegen einen Cordhut eingetauscht hat? „Alles“, meint Krauß Junior. Er macht trockenere Weine, und die eigene Linie sei auch teurer: Ein bis zwei Euro mehr pro Liter muss man dafür bezahlen. Das kann Kundschaft kosten – oder neue Kunden bringen. Lukas Krauß besteht auch darauf, dass er in seinem Weinberg mehr von der Hand macht. „Knatsch gibt’s immer“, sagt der junge Winzer. Das bleibt bei zwei Generationen unter einem Dach nicht aus.
Ungewöhnlich? Ich tue mich schwer mit dem Begriff. Das hängt ja auch immer von der Sichtweise ab.
Ab in den Weinberg: Lukas Krauß hat ein Wägelchen mit Weinflaschen vollgepackt. Sein Wein soll dort probiert werden, wo er wächst. Also geht es im Gänsemarsch durch die Reihen, der Pfälzer voran. In seinem Wingert blüht viel, der Weinberg wird schließlich ökologisch betrieben. Und auch so sind dem Mann mit Hut seine „Mückelchen“ und anderes Getier wichtig. Zwischendrin hat er ein Insektenhotel gebaut: „Lebensturm“ nennt er es. Eine Hand in der Hosentasche, mit der anderen schenkt er aus. Eigentlich ist er nur Winzer geworden, weil er von der Schule wegwollte, erzählt Krauß. Was er garantiert nicht sein möchte: Normal. Krauß hat seine eigene Klassifizierung erfunden: Seine Weine werden nicht Guts-, Orts- oder Lagenwein genannt sondern mit Hüten klassifiziert: Es gibt 1-Hut und 2-Hut-Weine. Aber ist seine Herangehensweise „ungewöhnlich“? „Ich tue mich schwer mit dem Begriff“, sagt Lukas Krauß, „das hängt ja auch immer von der Sichtweise ab.“
Und da ist er endlich: Der berühmte Pornfelder. Brillant rot schimmert er im Glas, ein Hauch Vanille, sehr trocken. „Kantig“ sollen seine Weine sein, sagt Krauß, sie sollen ihren eigenen Stil haben. Was hat er als nächstes vor? Was man nächstes Jahr für Ideen hat, weiß man doch noch nicht, sagt Krauß und zieht mit seinem Wägelchen weiter.
Mehr zu Lukas Krauß: www.lukaskrauss.de.
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