Das erste, was einem auffällt, ist der Geruch. Fruchtig und herb zieht einem der Duft der feuchten Blätter in die Nase, kaum hat man die Fabrik des Demodera Tea Estate im Herzen des Berglandes von Sri Lanka betreten. In einer Halle werden Kiloweise Blätter des Teestrauchs, Camellia sinensis, ausgebreitet und getrocknet. Willkommen in der Welt des Tees!
Die tropische Insel ist der größte Tee-Exporteur der Welt. Die Bezeichnung Ceylon kennt man in aller Welt. Von grün, rostrot über orange bis hin zu einem dunklen Braun: Die Tassenfarbe schwankt, getrunken wird der Tee entweder pur, aromatisiert oder mit Milch. Die Engländer sind es schuld, dass Sri Lankas Tee seinen Weg in alle Welt gefunden hat. 1840 hatte die Est India Company die Teepflanze versuchsweise im nordindischen Assam angebaut. Im selben Jahr noch experimentierten sie mit 200 Pflanzen auf Sri Lanka. Siehe da, dem Strauch gefiel das feucht-warme Klima des singhalesischen Hochlands und er wuchs und wuchs. Will man den Tee dort sehen, wo er angebaut wird, muss man weg von der Küste und den Touristenorten, hinein in die Bergebene um Nuwara Eliya und Ella.
Im feuchten Hochland fühlt sich Camellia sinensis zu Hause
Zugfahren in Sri Lanka ist abenteuerlich. Die ganze Zeit ruckelte und trötet es, Menschen laufen zwischendurch auf den Gleisen, immer wieder hält der Zug (der sicher auch schon einige Jahr auf dem Buckel hat) mit Vollbremsung an. Wir sind in Nuwara Eliya, dem Dreh- und Angelpunkt der Teeanbauregion. Schaut man aus dem Fenster, sieht man: nichts. Eine feuchte neblige Suppe hängt über den Bergen, Schwaden steigen auf, Regentropfen kriechen über die Glasscheibe. So hatten wir uns das nicht vorgestellt. Aber guter Tee braucht genau das: Viel Feuchtigkeit und Regen. Und genau den bekommt er im Hochland. Doch auch der Nebel kann sich nicht ewig halten, irgendwann reißt die graue Wand auf – und offenbart atemberaubende Blicke auf grüne Hänge und tiefe Täler. Die Teesträucher bedecken die steilen Hänge der Bergregion wie einen Teppich. Teepflückerinnen leuchten als bunte Punkte inmitten all des Grüns auf. Ihre Arbeit ist der erste Schritt für das Teeblatt auf dem Weg in die Tasse.
Antikes Gerät noch im Einsatz
In der Demodera Tea Fabrik schaufeln die Arbeiter die Teeblätter in die Säcke, überall liegen Fetzen von abgerissenen Blatteilen herum. Wir steigen die Holzdielen herauf und befinden uns in einem Raum mit Maschinen: Sie rattern, drehen sich – und zerreiben die frischen Teeblätter. So wird die Fermentation in Gang gesetzt. Was nichts anderes heißt als Oxidation: Luft gelangt an den Saft, der aus den Blättern austritt, und reagiert mit ihm. Die Blätter fermentieren und erhalten ihre charakteristische Farbe und ihren Geschmack. Würde man die Blätter als Ganzes trocknen und dämpfen, käme grüner Tee heraus. Die Maschinen sind fast schon antik – man findet Exemplare von 1950, 1978 oder 1992. Es gibt wahrlich modernere Teefabriken auf Sri Lanka. Nachdem sie eine halbe Stunde zerrieben wurden, werden die Blätter nach Größe sortiert und getrocknet. Mit Werkzeug werden die trockenen Haufen auf Bänder geschaufelt und in einem Backofen getrocknet.
Sammelsurium an Qualitätsbezeichnungen
Die Arbeiter wuseln zwischen den Fässern, in denen der Tee aufbewahrt wird herum – barfuß. Arbeitsschutz scheint auf Sri Lanka häufig noch ein Fremdwort zu sein. Immer mal wieder kehrt einer zusammen, was auf den Boden gefallen ist. Masken haben die Arbeiter an – um nicht zu viel des feinen Staubs, der bei der Produktion entsteht, einzuatmen. Die Bezeichnungen des Tees klingen wie Kauderwelsch. Broken Orange Pekoe, Fannings oder Dust, Tippy oder Flowery. Viele (teils veraltete) Begriffe prägen den Teemarkt und bezeichnen die verschiedenen Qualitätsstufen. Ob lange Blätter, kleine Blätter mit Knospen oder der kräftige Teestaub – für jeden Geschmack und für jeden Geldbeutel wird produziert.
Von den Fässern wird der Tee in Säcke geladen. Nun wartet er auf seinen Transport nach Colombo, von wo aus er seine Reise in die Welt antreten wird. Also dann: Zurücklehnen und die Tasse Ceylon-Tee genießen.