Der perfekte Tee

Heißes Wasser in einen Becher gießen, Beutel rein – Fertig ist der Tee? Ist nicht! Wer japanische Spitzentees zubereitet, braucht Zeit und das richtige Equipment.

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Kyusus werden die japanischen Teekannen genannt.

Abgesehen von dem Grundprodukt, den Teeblättern, benötigt man als Grünteeliebhaber erstens ein ganzes Arsenal an Utensilien wie Teekannen und -schalen, zweitens das richtige Wasser und drittens muss man wissen, wie man erstens und zweitens perfekt kombiniert. Eine Wissenschaft für sich, die ich bei einer Teeschulung in Frankfurt lernen will: Wie bereitet man den perfekten Tee zu?

1. Die Teeblätter

Wer ein gutes Produkt genießen möchte, wird unweigerlich zu losem Tee greifen. Ja, es gebe auch qualitativ sehr guten Tee im Beutel, erklärt Tee-Experte Christof Heinickel vom Frankfurter Teehaus Schnorr, aber dafür muss man ordentlich tief in die Tasche greifen. Das, was im Supermarkt gemeinhin als Beuteltee verkauft wird, sind geschnibbelte Stängel und andere mindere Bestandteile. Daher: Immer zu losem Tee greifen. Wer auf japanische Grüntees steht, nimmt beispielsweise entweder einen etwas herberen Bancha (zusätzlich zu den oberen Blätter werden die größeren, fleischigen Blätter mitgeerntet) oder einen frischen Sencha (wobei die Bezeichnung „Sencha“ eigentlich der Oberbegriff für alle bedampften Grüntees ist).

Wer es edler mag, greift zu Gyokuro oder anderen beschatteten Tees (Kabusecha). Hier wird wenige Tage oder Wochen vor der Ernte der Teestrauch mit Netzen bedeckt. Dadurch erhält die Pflanze weniger Licht. Normalerweise würde die Tepflanze unter Lichteinwirkung Katechine bilden, um sich so vor zu viel Sonneneinstrahlung zu schützen – quasi das Äquivalent zum Bräunen der Haut bei Menschen. Katechine sind die Stoffe, die dafür sorgen, dass grüner Tee bitter schmeckt. Dadurch, dass sie nun weniger Sonne abbekommt, wird dieser Prozess gestoppt, die Pflanze fängt an, die Katechine vermehrt in Aminosäuren umzuwandeln. Die sorgen für den vollen Geschmack des Umami: Der Aufguss schmeckt gehaltvoll, weniger bitter, dafür fast schon süß – und ein wenig nach Fisch, nach Gemüse. Umami eben.

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Los geht es mit der Schulung. Für den Gaumen eine Herausforderung, so viele Aromen hintereinander zu schmecken, zu analysieren und zu bewerten.

 

2. Das Wasser

Bloß das Wasser abkochen, mahnt Tee-Experte Heinickel. Wichtig ist, dass alles Kalk aus dem Wasser ausflockt und so den Geschmack des Tees nicht verderben kann. Man kann das abgekochte Leitungswasser abkühlen lassen oder mit stillem Wasser aus Flaschen mischen und so für die richtige Temperatur sorgen, schlägt Heinickel vor. Da sich mir noch nie das Kaufen von Wasser in Flaschen erschlossen hat (bei der guten Qualität unsere Leitungswassers in Deutschland), werde ich in Zukunft beim abgekochten Leitungswasser bleiben.

DSC_03483. Die Kannen

Tee braucht Platz, um sich zu entfalten. Die Blätter entrollen sich und geben so ihr Aroma frei. Das können sie am besten in Kannen tun, in denen sie lose eingefüllt wurden. Zu enge Siebe und Tee-Eier verhindern, dass sich der Tee entfalten und so sein Aroma komplett ans Wasser abgeben kann. Wichtig: Japanische Teekannen (Kyusu) niemals mit Spülmittel ausspülen, warnt Christof Heinickel vom Frankfurter Teehaus Schnorr, da der Spülmittelgeschmack das Aroma ruiniert.

4. Die Temperatur

Je heißer das Wasser, desto mehr Bitterstoffe werden gelöst. Mit sprudelnd kochendem Wasser gießt man lediglich Matcha (gemahlener grüner Tee) auf, denn nur bei so hohen Temperaturen löst sich das feine Pulver komplett auf. Bei Grüntee nimmt man meist 60 bis 80 Grad. Will man mehr von dem Umami aus dem Tee herauslocken, so gießt man ihn mit niedrigeren Temperaturen auf (40 bis 60 Grad). Es gibt auch eine Variante, bei der man den japanischen Tee mit kaltem Wasser aufgießt (Mizudashi): Perfekt für den Sommer.

5. Die Ziehzeit

Japanische Grüntees kann man mehrmals aufgießen (zwei bis viermal). Die Aufgussmenge hängt dabei von der jeweiligen Ziehzeit ab. Geschätzt gibt ein japanischer Tee sein komplettes Aromas nach anderthalb Minuten ab, erklärt Teekenner Christof Heinickel während der Schulung. Diese Zeit kann man auf die verschiedenen Aufgüsse verteilen. Den ersten Aufguss sollte man allerdings entgegen hartnäckiger Gerüchte nie wegschütten. Das Wegschütten ist Teil des japanischen Teerituals und soll dem Gast zeigen, dass man seine Schale extra für ihn besonders säubert. Doch üblicherweise steckt im ersten Aufguss das intensivste Aroma, also unbedingt genießen!

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So muss er aussehen: Der perfekte Tee!

 

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