Meine Weltreise: Jetzt wird abgerechnet

Meine Weltreise liegt nun schon fast 6 Monate zurück. Längst arbeite ich, plane den nächsten Umzug und habe schon eine weitere Urlaubsreise hinter mir. Doch für die Endabrechnung muss noch Zeit sein, egal, wie lange die Reise her ist. Wie viel CO2 habe ich in die Luft gepustet und wie viele Kilometer habe ich tatsächlich gemacht? Diese Antworten wollte ich haben und habe etwas herumgerechnet.

Erschreckend, aber nicht überraschend: So eine Reise macht einen zur Umweltsau par excellence. 5 Prozent aller Treibhausgase im Jahr gehen auf das Konto von Touristen, schreibt die Süddeutsche, ich habe nun einen schönen Batzen dazu beigetragen. Knapp 12.700 Kilogramm Kohlenstoffdioxid in der Atmosphäre gehen auf mein Konto. Uff…2300 Kilogramm sei das jahresverträgliche Klimabudget für einen Menschen, sagt Atmosfair. Da habe ich mal eben das Fünf- bis Sechsfache ausgestoßen.

„Klimaverträglich fliegen, das schließt sich aus“

Während meiner Zeit bei der Rhein-Zeitung habe ich mich mit dem Tourismusforscher Knut Scherhag von der Uni Worms über nachhaltiges Reisen unterhalten. Als „modernen Ablasshandel“ hat er Angebote wie von Atsmosfair, Myclimate und Ecogood genannt. Die Reise „kompensieren“, also alle Schäden wieder „gut machen“ geht gar nicht. Beispiel CO2: Dort, wo es ausgestoßen wird, und das ist oben in der Atmosphäre, richtet es einen viel größeren Schaden an als unten am Boden, wo Firmen wie Atmosfair und Co. versuchen, den CO2-Austausch zu reduzieren, indem sie beispielsweise klimafreundlichere Kocher in Afrika an die Menschen verteilen.

Und auch Reginne Gwinner, Herausgeberin des Magazins „Verträglich Reisen“ hat ziemlich schnell Schluss mit Illusionen gemacht: Klimaverträglich fliegen, das schließt sich praktisch aus.

Wie kommt man ans andere Ende der Welt, ohne zur Umweltsau zu werden? Geht gar nicht.

Nicht reisen ist aber keine Option für mich und leider kann man nur mit dem Flugzeug viele schöne und ferne Reiseziele erreichen. Es sei denn, man nimmt das Schiff, aber auch das stößt schließlich Emmissionen aus und wer hat schon so viel Zeit als Berufstätige/r? Und so ich denke mir: Alles ist besser als nichts und nehme mir vor, einen Beitrag zu spenden: Für die Kompensation von Kohlenstoffdioxid, für Umweltprojekte. Auch, wenn es möglicherweise nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist. Es ist immerhin etwas.

Mehr Kilometer als der Äquator lang ist

Nun zu der Entfernung: Einmal um die Welt bin ich gereist, das schlägt sich auch in der Kilometerangabe nieder – 46.240 Kilometer haben mein Freund und ich letzte Jahr zurückgelegt. Das ist mehr als der Äquator lang ist (knapp mehr als 40.000 Kilometer). Aber wir sind ja auch innerhalb der Länder herumgereist, also nicht zwingenderweise in eine Richtung, das erklärt die Differenz.

Unglaublich. Das wäre früher gar nicht möglich gewesen, ohne die moderenen Fortbewegungsmittel. Auf der einen Seite eine riesen Chance, auf der anderen Seite darf man es nicht übertreiben. Ich habe mir schon lange vorgenommen, für Kurztrips oder Reiseziele, die man auch mit Bus, Bahn oder Auto erreichen kann, die eben auch so anzusteuern – und bewusst auf das Flugzeug zu verzichten. Viele fliegen übers Wochenende nach Paris, Krakau oder Berlin.

Finde ich Quatsch, diese Städte sind mit dem Zug oder dem Auto vermutlich viel schneller und entspannter zu erreichen. Da, wo man ohne Flugzeug nicht oder nicht so einfach hinkommt, nehme ich es allerdings auch. Und nehme in Kauf, eine Umweltsau zu sein. Auch wenn es irgendwo egoistisch ist.

#MeineWeltreise: Was bleibt übrig?

Meine Weltreise: Allerletzter Teil. Wir sind wieder zu Hause. Es ist vorbei. Was für ein seltsames Gefühl. Neuneinhalb Wochen waren mein Freund und ich unterwegs. Einmal komplett um die Welt, eine noch größere Variation kann man quasi kaum wählen: Vom quirligen, bunten Hongkong über die entspannten Länder Australien und Neuseeland, die alleine schon von karger Wüste und Outback bis hin zu imposanten Bergketten jegliche Naturlandschaften abdecken. Und dann auch noch Südamerika: Nochmal ein ganz neuer Kontinent für mich, der mir vom trubeligen, heißen, smoggeplagten Santiago bis zur windgepeitschten Pampa in Patagonien so viel Neues gezeigt hat.

Jetzt arbeite ich wieder, der Alltag kehrt zurück. Doch noch möchte ich die Reise nicht ganz loslassen und dem Reich der Erinnerung übergeben. Sowieso müssen noch so viele Fotos gesichtet, sortiert und ausgedruckt werden. Ich habe mir auch überlegt, ein Fazit zu ziehen. Doch geht das überhaupt? Was soll ich da mit reinnehmen: Was ich gesehen habe, was ich gelernt habe? Wie mich diese Reise verändert hat? Hat sie das überhaupt?

Grundsätzlich geht man an so ein gigantisches Projekt mit genauso gigantischen Erwartungen heran. Zumindest tue ich das. „Diese Reise wird einmalig“, „du kommst als veränderter Mensch zurück“, „das verändert deinen Blick auf alles“ – solche Dinge sind mir zuvor durch den Kopf geschossen. Teilweise stimmt das, teilweise auch nicht. Dass diese Reise einmalig war, steht außer Frage: Unsere Route war so individuell, die Stationen haben so viele Teile der Welt abgedeckt, die Gelegenheit war perfekt. So etwas kommt in gleicher Form nicht nochmal: Falls (oder eher wenn!) es ein nächstes Mal geben sollte, werden wir andere Kontinente und Länder bereisen, es wird zu einem anderen Zeitpunkt geschehen.

Unbeschwert und lebenslustig, ja so ist man wirklich auf Reisen. Das merkt man ganz deutlich. Kann man etwas davon in den Alltag herüberretten? Oder ist es grundsätzlich eine Lebenseinstellung?
Unbeschwert und lebenslustig, ja so ist man wirklich auf Reisen. Das merkt man ganz deutlich. Kann man etwas davon in den Alltag herüberretten? Oder ist es grundsätzlich eine Lebenseinstellung?

Ob man sich durch so eine Reise verändert, ist eine Frage, die schwieriger zu beantworten ist. Grundsätzlich sind knapp drei Monate keine so unglaublich lange Zeit, dass man sich von Grund auf verändert. Und dennoch: Man sammelt neue Erfahrungen, bekommt so viel neuen Input. Jede Begegnung, jede Wanderung und auch jeder Zoff mit dem Freund 🙂 hinterlässt Spuren. Das alles fließt ins große Ganze mit ein, aber vermutlich kann ich erst im Nachhinein, aus der Distanz, wenn ein bisschen Zeit vergangen ist, erkennen, wie mich die Reise geprägt hat.

Hier schreibe ich ein paar Dinge runter. Einfach so. Was ich  – über mich oder allgemein, ganz konkret – gelernt oder gesehen habe oder was mir im Gedächtnis geblieben ist – ganz spontan, ohne Bewertung der Wichtigkeit:

    • Mehrtagestouren sind kein Problem. Früher war ich abgeschreckt, wenn es hießt: Mehrere Tage unterwegs mit einem Gepäck von 13 bis 16 Kilogramm auf dem Rücken. Und nun? Bin ich in Neuseeland mit 14 Kilogramm durch die Täler gewandert, es ist alles nicht so schwer, wie man denkt.
    • Kondore lassen sich von Geiern unterscheiden, indem man die Spreizen am Flügelende zählt: Der Kondor hat 8, der Geier 5. Direkt drei erwachsene Kondore konnte ich in Puerto Natales beobachten und sie auch als solche verifizieren ;).
    • Die Seekrankheit lässt sich im Liegen viel besser ertragen als im Stehen. Auf dem Schiff nach Puerto Natales hatten wir eines Abends den offenene Pazifik zur einen Seite. Nach dem Abendessen war mir dermaßen schlecht, ich hatte schon die Befürchtung, dass ich den Salat umsonst gegessen haben könnte. Im Bett war dann die Schaukelei eindeutig besser zu ertragen. Dennoch: Eine gewöhnungsbedürftige Erfahrung.
    • Man trifft an den unmöglichsten Orten die unmöglichsten Menschen: Auf der Fähre in Patagonien haben wir uns mit dem Hauptorganisator, der Ansprechpartner für die Touristen war, unterhalten. Und auf einmal switcht der quirlige Chilene (Percy hieß er, Kurzform von Percival) ins Deutsche und es kommt heraus: Seine Schwester hat mal in Bergisch Gladbach gewohnt! Jetzt ist sie nach Wipperfürth gezogen und er wird sie im Juni nochmal besuchen fahren. Sprach’s und schwärmte vom wundervollen Bergischen Land. So eine Begegnung: In Patagonien, am anderen Ende der Welt! Krass, oder?
Ich habe auf der Reise so viel Neues gesehen und erfahren, das muss erstmal verdaut werden.
Ich habe auf der Reise so viel Neues gesehen und erfahren, das muss erstmal verdaut werden.
    • Man kommt mit viel weniger Kleidung aus, als man denkt. Was ich mir an Armadas an T-Shirts in den Rucksack gepackt habe! Aber wenn man regelmäßig wäscht und beim Wandern sowieso nur Funktionskleidung anzieht, braucht man gar nicht sooo schrecklich viel. Auf zwei, drei T-Shirts hätte ich locker verzichten können. Und wenn es nicht gereicht hätte: Nachkaufen macht deutlich mehr Spaß als umsonst schleppen ;)!
    • Smoothies heißen in Chile „Frutilla“.
    • Zu Avocados sagen die Chilenen oder auch die Spanier „Alta“, im Supermarkt gab 1-Kilo-Netze mit kleinen, cremigen, aromatischen, einheimischen Avocados zu umgerechnet 2,50 Euro…ein Traum…
    • Welche Tiere ich auf der Reise gesehen habe? Kängurus, Koalas, ein Stachelschwein, Orcas, Kondore, Albatrosse, Delfine, bestimmt noch viele Tiere mehr, die ich nicht erkannt habe! Mein Favorit: Emus. Was für knuddelige, witzige Tiere das doch sind. Völlig verpeilt laufen sie auf der Straße herum, nur um dann ganz erschrocken in ihrem staksigen Gang davonzulaufen. Wie gerne hätte ich mal eins angefasst, um das Federkleid zu fühlen. Mein Highlight war ein „Emu-Kindergarten“ in den Flinders Ranges in Australien. Eine ganze Herde an jungen Emus, die von einem erwachsenen Tier bewacht worden sind. Zumindest hatte es so ausgesehen…Guanakos, die wilden Verwandten der Lamas waren auch großartig, wie sie inmitten der windgeplagten Pampa entspannt an Grasbüscheln geknabbert und in aller Seelenruhe ihr Mittagessen verspeist haben, während der Sturm ihnen am Fell zerrte. Immer schön gechillt bleiben.
Man sieht, dass man nichts sieht. Bei schlechtem Wetter ist die Aussicht natürlich eingeschränkt, kann aber dennoch schön sein. Nicht aufgeben. Der Mirador beim Gletscher del Frances hat trotzdem beeindruckt.
Man sieht, dass man nichts sieht. Bei schlechtem Wetter ist die Aussicht natürlich eingeschränkt, kann aber dennoch schön sein. Nicht aufgeben. Der Mirador beim Gletscher del Frances hat trotzdem beeindruckt.
    • Ewiges Eis: Der Grey-Gletscher in Patagonien war beeindruckend. Schon verrückt, wenn man bedenkt, wie viel Eis das alles auf einem Haufen ist. Am Ende der Eiszunge, die in den Lago Grey mündete, war die Masse wie bei einer Ziehharmonika oder ähnlich wie beim Blätterteig zusammengefaltet und schimmerte eisblau. Stücke brechen regelmäßig ab, der Eisberg „kalbt“ heißt es, wobei ich diese Formulierung irgendwie schräg finde, und treiben den See hinunter. Ein chinesischer Tourist hat mal seinen Fuß in den (vermutlich eis-) kalten See gehangen…brrrr….seine Freundin fand’s witzig. Gab bestimmt gute Fotos.
    • Es lohnt sich spontan zu bleiben. Sehr häufig haben mein Freund und ich unsere Unterkünfte erst am gleichen Tag gebucht. Im Internet sieht eh alles anders aus und vor Ort kannst du meist viel besser einschätzen, welche Unterkunft was für dich sein könnte. Ein einziges Mal wäre es fast in die Hose gegangen: In Queenstown sind wir gerade an dem Tag angekommen, an dem ein großer Marathon nicht nur das Städtchen lahmgelegt hat, sondern auch dementsprechend alle Betten belegt waren. Wir waren schon verzweifelt, als sich ein letztes (allerdings überteuertes) Doppelzimmer außerhalb am Lake Wakatipu ergeben hat. Schwein haben gehört halt auch mal dazu.
  • Einige Fluggesellschaften bieten Augenmasken und Ohrstöpsel an, sollte man die nicht besitzen oder vergessen haben. Super Service und extrem hilfreich beim Schlafen. Ich hatte bei der Flugbuchung vergessen anzugeben, dass ich Vegetarierin bin. Gott sei Dank hat sich immer noch eine Pastaportion gefunden. Beim nächsten Mal muss ich aber daran denken und es angeben. Dann bin ich auf Nummer sicher.
Einmal um die Welt: Wo geht es jetzt lang, wo ich wieder zu Hause bin?
Einmal um die Welt: Wo geht es jetzt lang, wo ich wieder zu Hause bin?

Das große Finale: Patagonien

Weltreise, Teil 5 und somit letzter Teil: Wir sind am südlichen Ende von Südamerika. Das raue chilenische Patagonien mit dem berühmten Nationalpark Torres del Paine, dessen Türme zum Weltwunder gewählt worden sind, wartet auf uns – es belohnt diejenigen, die sich bis dorthin trauen, mit unglaublichen Ausblicken, stellt die Besucher aber auch auf die Probe.

Das Pier im Hafen von Puerto Natales zieht vorbei. An diesem Pier hätte unser Schiff, die Evangelistas, eigentlich anlegen sollen. Doch das Pier ist schon vorbeigehuscht, genauwie wie Pier Nummer zwei und drei. Es ist kein Anlegen möglich: Der starke Wind, allgegenwärtiger Begleiter in Patagonien, lässt es nicht zu, dass wir von Bord gehen. Die Passagiere plus Besatzung müssen auf der Evangelistas ausharren: Sechs Stunden insgesamt treiben wir bei Windgeschwindigkeit von mehr als 30 Knoten in der Bucht von Puerto Natales (passenderweise mit dem bedrohlichen Namen „Ultimo esperanza“ – letzte Hoffnung). Erst abends, als der Wind langsam zur Ruhe kommt, können mein Freund und ich mit den weiteren Passagieren das Schiff verlassen.

Auf dem Weg zum Grey Gletscher kommt man an wunderschönen blauen Seen vorbei. Genau so habe ich mir Patagonien vorgestellt, wie aus dem Bilderbuch!
Auf dem Weg zum Grey Gletscher kommt man an wunderschönen blauen Seen vorbei. Genau so habe ich mir Patagonien vorgestellt, wie aus dem Bilderbuch!

Drei Tage waren wir quasi „auf See“. In Puerto Montt eingestiegen, sind wir durch die Fjordlandschaft Patagoniens gefahren. Mal in ruhigem Gewässer, mit Inseln und Bergen zu jeder Seite, teilweise scheinbar lediglich einen Steinwurf entfernt. Dann wieder an der Küste mit einer Seite zum offenen Pazifik: Das war eine Nacht! Noch nie habe ich auf einem Schiff geschlafen, und diese Schaukelei war echt zum abgewöhnen. Wie froh war ich, als wir endlich wieder in einen ruhigen Fjord eingefahren sind. Was nimmt man nicht alles in Kauf, um zum Ziel, zum großen Finale zu gelangen: Patagonien mit dem berühmten Nationalpark Torres del Paine. Sieben Tage lang wollen wir zwischen den „Türmen“ wandern, die jeder passionierte Wanderer und Reisefreund aus aller Welt kennt.

Die berühmten Zinnen des Nationalparks "Torres del Paine" in Patagonien, die nur derjenige sehen kann, der sich knapp eine Stunde einen steilen, felsigen Weg zum Mirador rauf gezwungen hat.
Die berühmten Zinnen des Nationalparks „Torres del Paine“ in Patagonien, die nur derjenige sehen kann, der sich knapp eine Stunde einen steilen, felsigen Weg zum Mirador rauf gezwungen hat.

Wind treibt den Regen in Schüben vor sich her. Die Berge sind in Nebel gehüllt. Der Weg hat sich durch zwei Tage Dauerregen in einen Schlammsee verwandelt – quasi, seit wir im Nationalpark sind und unsere Route entlangwandern. Petrus ist uns aber ganz schön gram. Alle paar Meter schlittert man über matschige Stellen, springt durch riesige Pfützen und balanciert auf Baumstämmen, um die durchnässten Füße nicht vollends im vollgesogenen Grasland einsacken zu lassen….zu spät…der Fuß steckt zur Hälfte im Wasser. Mist. Davon war im Reiseführer aber nicht die Rede. Von wundervollen Ausblicken wird geschwärmt, doch die teilweise schnöde Realität wird gerne unter den Tisch fallen gelassen.

 Hat man in Patagonien Pech mit dem Wetter, ist das richtig richtig ungemütlich. Und mir kann auch keiner erzählen, dass es Spaß macht, völlig durchnässt im strömenden Regen stundenlang zu wandern. An zwei Tagen hatten wir solches Pech und das kann einem das Erlebnis echt vermiesen. Meine Laune war ganz schön im Keller.

Doch sobald die Sonne herauskommt oder einfach nur der Regen aufhört und man die wundervolle Landschaft genießen kann, erfüllen sich alle Superlative, die die Reiseführer aufführen. Mysthische Atmosphäre beim Aussichtspunkt auf dem Lago Sköttsberg, Ausblick auf die imposanten Berge „Los Cuernos“, die wie Teufelshörner aussehen, der eisblau leuchtende Gletscher Grey, der wie eine Art Blätterteig zusammengefaltet scheint, und immer wieder Seen in unterschiedlichen Blautönen, mal türkis, mal khaki, mal dunkelblau mit schneebedeckten Bergen im Hintergrund. Die Bäume sind durch den rauen Wind gezeichnet, der an einigen Stellen unglaublich stark weht: Sie wachsen krumm und schief und an der dem Wind zugeneigten Seite wachsen teilweise keine Blätter.

Man sieht, dass man nichts sieht. Bei schlechtem Wetter ist die Aussicht natürlich eingeschränkt, kann aber dennoch schön sein. Nicht aufgeben. Der Mirador beim Gletscher del Frances hat trotzdem beeindruckt.
Man sieht, dass man nichts sieht. Bei schlechtem Wetter ist die Aussicht natürlich eingeschränkt, kann aber dennoch schön sein. Nicht aufgeben. Der Mirador beim Gletscher del Frances hat trotzdem beeindruckt.

„Patagonia! Who would ever think to going to such a place?“ „What on earth makes you choose such an outlandish part of the world to go to?“ These, and similar questions and exclamations I heard from the lips of my friends and aquaintances, when I told them of my intended trip to Patagonia, the land of Giants. The answer to the question was contained in its own words. Precisely because it was an outlandish place and so far away, I chose it. – Lady Florence Dixie

Das Zitat stammt von Lady Florence Dixie, die Ende des 19. Jahrhunderts nach Patagonien aufbrach. „Across Patagonia“ heißt das Buch der schottischen Adeligen, die mit ihrem langweiligen viktorianischen Leben, das Frauen nur als Ehefrau und Mutter eine Rolle zuwies, brach und nach Südamerika aufbrach. Nach ihrem Trip war Florence Dixie auch als Journalistin tätig. Ehrfrischend ehrlich und klar ist ihre Schreibe, teilweise aber auch gewöhnungbedüftig, wenn sie über Sachen schreibt, die heute politisch unkorrekt sind, wie beispielsweise ihre Beschreibung von schwarzen Sklaven. Das muss man dann wohl im historischen Zusammenhang sehen. Die Zitate habe ich teilweise gekürzt.

Essbare Beeren, saftig, aber ein wenig bitter, wachsen überall im Nationalpark.
Essbare Beeren, saftig, aber ein wenig bitter, wachsen überall im Nationalpark.

Der letzte Tag gibt nochmal alles, um uns für den verregneten Start zu entschädigen. Der Lago Pehoe glitzert in der Sonne, die Cuernos fangen die Wolken mit ihren Hörnern ein, der restliche Himmel strahlt in sattem Blau. Mit der Fähre geht es raus aus dem Nationalpark. Einsamkeit sucht man allerdings vergeblich. Nur selten waren mein Freund und ich mal für eine halbe Stunde alleine auf weiter Flur, normalerweise trifft man in regelmäßigen Abständen andere Wanderer. Teilweise staut es sich an manchen Stellen wie Flussübergängen. Und auch die Hütten waren immer voll belegt. Doch das sollte einen nicht davon abhalten, diese wundervolle Landschaft zu besuchen, es lohnt sich.

Die Tagesetappen schwanken zwischen 4 und 8 Stunden, sind also auch mit Gepäck noch gut machbar. Dabei muss man dazusagen: Unser Rucksack war leichter, weil wir unser Essen nicht selbst tragen mussten, sondern auf den Hütten gegessen haben. Wer Essen und Zelt mitschleppt, hat mehr zu tragen.
Die Tagesetappen schwanken zwischen 4 und 8 Stunden, sind also auch mit Gepäck noch gut machbar. Dabei muss man dazusagen: Unser Rucksack war leichter, weil wir unser Essen nicht selbst tragen mussten, sondern auf den Hütten gegessen haben. Wer Essen und Zelt mitschleppt, hat mehr zu tragen.

Der Nationalpark wurde auch in einer Befragung zu einem der Weltwunder gewählt. So gut erschlossen und dennoch so tief in der Natur ist eine einmalige Kombination, die es einem „normalen“ Wanderer ermöglicht, die Landschaft zu genießen, ohne mit Sondergenehmigung, Guide und Survivalausrüstung los zu marschieren. Das unbeständige und raue Wetter verlangt einem wirklich viel ab und hat mit einem Sonntagsspaziergang nichts gemeinsam, aber mit halbwegs anständige Ausrüstung kann man Wind und Regen zumindest halbwegs in Schach halten. Komplett trocken und warm kann selbst die teuerste Ausrüstung der Welt nicht halten. Wie hat mein Freund gesagt, als ich mal wieder wegen des Regens und nasser Füße rumgemault habe? „Das ist Teil des Deals.“ So muss man es wohl sehen.

Patagonia at last! Desolate and dreary enough it looked, a succession of bare plateaus, not a tree nor a shrub visible anywhere; a grey, shadowy country, which seemed hardly of this world; such a landscape, in fact, as one might expect to find on reaching some other planet. – Lady Florence Dixie

Erschöpft, aber glücklich: Einen letzten Blick auf die Cuernos, die Hörner werfen, und dann geht es ab zum Bus!
Erschöpft, aber glücklich: Einen letzten Blick auf die Cuernos, die Hörner werfen, und dann geht es ab zum Bus!

Ich bin super froh, in Patagonien gewesen zu sein und den Teil der Welt gesehen zu haben. Er hat mich nachhaltig beeindruckt. Dennoch beneide ich die Menschen nicht, die dort leben und mit dem ständigen Wind und der Kälte zu tun haben. Ein klitzekleines bisschen erleichtert war ich dann doch, als ich wieder bei 30 Grad in Santiago unterwegs war.

Auf jeden Fall machen:

  • Unbedingt regenfeste Kleidung und Schuhe mitnehmen. Es macht absolut keinen Spaß, nasse Füße zu bekommen. Und morgens in klamme Sachen zu steigen, erhöht die Lust auch nicht gerade…Outdoorkleidung ist zwar irre teuer, lohnt sich aber doch. Hier gibt es eine große Bandbreite, es muss nicht unbedingt die Hightech-Regenjacke für 300 Euro sein, aber ein wenig investieren muss man wohl doch.
  • In Puerto Natales die netten Cafes besuchen und noch etwas shoppen gehen. Sie haben dort schöne Handcraft-Sachen, Gestricktes, Gehäkeltes, aus Wolle, Ponchos. Nicht günstig, aber schön.

Auf keinen Fall machen:

  • Sich übers Wetter ärgern. Es bringt nichts. Patagonien ist und bleibt raues, regnerisches, kaltes Terrain. Und gerade durch den Regen und die Wildheit ist es, wie es ist, und übt es die Faszination aus.

 

 

 

 

Lebensfreude, Chaos und schneebedeckte Gipfel: Chile

Weltreise Teil 5: Wer nach Chile reist, braucht vor allem eins: Spanischkenntnisse. Die hatten mein Freund und ich nur rudimentär, daher weiß ich nur zu gut, wie schwierig man in dem südamerikanischen Land zurechtkommt, in dem kaum jemand Englisch spricht.

Gott sei Dank hatte ich mal an der Uni einen zweisemestrigen Spanischkurs gemacht. Das ist zwar bald zehn Jahre her, aber einige Brocken sind dennoch hängen geblieben, das war unser Glück. In Chile ticken die Uhren alle etwas anders. Das Land punktet mit südamerikanischer Gelassenheit und Lebensfreude – und ist tatsächlich etwas chaotisch, aber im Endeffekt funktioniert hier alles! Manchmal ähnelt es an manchen Stellen Europa – und ist für Südamerikaneulinge vielleicht ein ganz guter Einstieg.

Die Metropole Santiago besticht mit dem Bergpanorama, wenn man denn durch den ganzen Smog die Andenkette im Hintergrund überhaupt erkennen kann. Santiago soll eine der am meisten verschmutzten Städte der Welt sein. Fährt man mit der Funicular, der Seilbahn, hinauf auf den Stadtpark mit der Marienstatue, so fällt einem sofort auf, wie frisch die Luft oberhalb der Smogglocke ist. Und trotzdem besitzt Santiago Charme und jede Menge vibrierende Lebensfreude: Die Menschen sitzen im Frühling bis spätabends draußen, liegen im Park oder wuseln durch die Einkaufsstraßen und Märkte. An jeder Ecke gibt es Bänke, ein untrügliches Zeichen dafür, dass sich das Leben größtenteils draußen abspielt. Am besten gefallen hat mir das Barrio Italia und das Barrio Lastarria mit den Cafes und Innenhöfen.

In Valparaiso, der Nachbarstadt Santiagos, entdeckt man an jeder Ecke Graffiti. Von politisch bis künstlerisch bis bunt ist alles dabei.
In Valparaiso, der Nachbarstadt Santiagos, entdeckt man an jeder Ecke Graffiti. Von politisch bis künstlerisch bis bunt ist alles dabei.

Jeder Reiseführer warnt vor Diebstahl, ich hatte nicht das Gefühl, dass die Gefahr in Chile größer ist als in europäischen Metropolen. Schließlich muss man an den Orten, wo sich viele Touristen aufhalten, immer auf seine Sachen aufpassen. Höchstens das Gewusel ist in Chile noch viel größer, dass Diebe vielleicht eine noch bessere Chance hätten. Ein Abstecher in die quirlige Nachbarstadt Valparaiso lohnt sich schon allein wegen der tausend Graffiti, die man an jeder Hauswand entdeckt.

Und noch mehr Graffiti aus Valparaiso. Süß sind auch die engen Treppen, die die Stadt durchqueren und man so auf verschlungenen Pfaden die Viertel Valparaisos entdecken kann.
Und noch mehr Graffiti aus Valparaiso. Süß sind auch die engen Treppen, die die Stadt durchqueren und man so auf verschlungenen Pfaden die Viertel Valparaisos entdecken kann.

Nach dem lebendig-stylischen-partylastigen Santiago war unsere Woche in der Region Los Lagos fast schon ein Kontrastprogramm. Temperierter Regenwald (der seinem Namen alle Ehre macht, bei unserer Wanderung hat es drei Stunden lang durchgeregnet), wunderschöne Seen wie der Lago Todos los Santos, dazu im Hintergrund die schneebedeckten Vulkane haben ein atemberaubendes Panorama abgegeben. Mein Freund und ich haben den Osorno zu unserem Berg erkoren: Durch diverse Wanderungen an seinen Flanken haben wir den knapp 2.600 Meter hohen Vulkan erkundet.

Aschefelder zeugen von früheren Ausbrüchen der Vulkane

Mein Favorit war der Sendero Desolacion: Man wandert vom Lago Todos los Santos durch mehrere Aschefelder, wo sich bei einem früheren Ausbruch Asche und Lava den Berg herunterwalzt hat und wo heute noch kaum etwas wächst, an der Flanke entlang. Wunderschöne Ausblicke auf den See haben uns für die Anstrengung belohnt. Die meiste Zeit ist man auf Sand gewandert, was deutlich anstrengender ist als auf Erde! Das weiß vermutlich jeder, der schonmal versucht hatte, am Strand joggen zu gehen.

Ich konnte mich an dem Anblick des Osornos und der anderen Vulkane gar nicht sattsehen. Für so etwas muss man wahrlich bis ans andere Ende der Welt fliegen.
Ich konnte mich an dem Anblick des Osornos und der anderen Vulkane gar nicht sattsehen. Für so etwas muss man wahrlich bis ans andere Ende der Welt fliegen.

Ist man erstmal auf 1000 Meter Höhe, geht es über die Flanke zur Nordseite des Vulkans. An dem Tag, als wir die Wanderung gemacht haben, war es oben sehr trüb, was aber eine ganz eigene Atmosphäre hervorgebracht hat. Nebelschwaden zogen an uns vorbei und auf uns zu, es war kein Laut zu hören, der mit Gräsern und Blümchen karg bedeckte Boden schimmerte aber in diversen Grüntönen. Schade allerdings, dass die meisten Wanderwege keine Rundwege sind, sondern man den gleichen Weg wieder zurückgehen muss.

An einem anderen Tag haben wir eine Bootsfahrt auf dem Lago Todos los Santos gemacht: Ich habe selten so eine tolle Kulisse gesehen: Der tiefblaue See – an manchen Stellen azurblau, dann schimmerte er wiederum grünlich -, dazu die schneedeckten Gipfel der umliegenden Vulkane im Hintergrund. Allein für diesen Anblick hat sich die Reise nach Chile gelohnt!

Mehr zu Patagonien und zum berühmten Nationalpark Torres del Paine gibt es im nächsten Blogbeitrag. Und auch zum chilenischen Wein und was ihn so besonders macht, gibt es demnächst mehr.

Wildnis und Natur: Neuseeland pur

Weltreise Teil 4: Neuseeland ist das absolute Paradies für Naturliebhaber. Glasklare Seen, schneebedeckte Berge, dazwischen Bergblumen und Palmen – kein Wunder, dass so viele Regisseure die Landschaft dieser wundervollen Inseln als Kulisse für ihre Filme nehmen. Neben Herr der Ringe wurden schließlich auch Teile von X-Men Wolverine und Die Chroniken von Narnia hier am Ende der Welt gedreht.

Die grandiose Landschaft erkundet man am besten – zu Fuß! Nein, mein Freund und ich haben keinen Helikopterrundflug gemacht, wir waren auch nicht Raften und Bungeejumpen. All das kann man in Queenstown zur Genüge machen, hier scheint Adrenalin King zu sein. Wir hingegen haben uns eine etwas langwierige Herausforderung gesucht: Vier Tage lang durch die Täler des Caples und Greenstone Valley. Ganz alleine, mit allem, was dazu gehört.Und das heißt: Essen selbst tragen, Campingkocher und Geschirr mitnehmen. 13,5 Kilogramm hat mein Rcksack zu Anfang gewogen. Auweia, hab ich da gedacht. Aber es geht alles. Man muss sich eingrooven, die ersten Meter sind etwas ungewohnt und beschwerlich, danach läuft es.

Schon der Landeanflug auf Queenstown wird zum Spektakel, wenn man über die neuseeländischen Alpen gleitet.
Schon der Landeanflug auf Queenstown wird zum Spektakel, wenn man über die neuseeländischen Alpen gleitet.

Der erste Teil führt uns am Caples River entlang, durch Wälder und über grüne Auen. Hinter einer Schlucht sehen wir die erste Hütte des Tracks, doch damit der zweite Tag nicht zu lang wird, haben wir uns in einer Hütte eingemietet, die von einer hiesigen Jagdorganisation betrieben wird. Versteckt hinter Bäumen finden wir sie – keine Sekunde zu spät, denn schon geht prasselnder Regen nieder. Schnell noch das Gas aufdrehen und Tee kochen und ab in die Schlafsäcke. In den Bergen entwickelt man einen ganz anderen Rhythmus: Auf einmal treibt es einen gegen 7 oder 8 Uhr aus den Federn und man kann nach 20 Uhr kaum die Augen aufhalten. Zurück in der Zivilisation ist es uns echt schwer gefallen, diesen Rhythmus wieder loszuwerden :).

Der zweite Tag wartet mit einem Highlight auf: Der McKellar Saddle führt auf 945 Meter über dem Meeresspiegel über den Sattel zwischen zwei Bergen hinab zum Greenstone Tal: Atemberaubende Ausblicke auf die Bergwelt ringsum und unberührte Seen erwarten den Wanderer. Die Hütte ist diese Nacht fast leer: Ein holländisches Pärchen versucht verzweifelt, seine nassen Klamotten über dem Herd zu trocknen. Zwei Schwedinnen, die zelten, scheinen besser vorbereitet. Doch auch sie suchen in dieser Nacht Unterschlupf in der Hütte. Sie alle werden wir auch am Abend darauf bei der nächsten Hütte wiedertreffen.

In den Bergen muss man mit jedem Wetter rechnen

Der dritte Tag ist mühsam. Es regnet, ein ständiges Auf und Ab über glitschige Steine, durch Schlammlöcher und regenüberflutete, morastige Wiesen erschwert das Vorwärtskommen. Mehr als einmal müssen mein Freund und ich einen Umweg nehmen oder durchs Gebüsch klettern – oder einfach auf gut Glück springen und hoffen, dass wir trockenen Fußes am anderen Ende ankommen. Es klappt nicht immer hundertprozentig, aber wirklich nasse Füße haben wir Gott sei Dank nicht bekommen! Die Hütte will und will nicht kommen, obwohl wir schon gefühlt seit Stunden durchs Greenstone Tal laufen. Doch die Mühe lohnt sich: Die Hütte liegt idyllisch eingebettet auf einer Lichtung, links und rechts schauen die Gipfel ins Fenster. Selten habe ich mit so einem Ausblick zu Abend gegessen.

Die Hütten sind einfach, bieten aber Schutz gegen Regen und Kälte, das ist die Hauptsache

Das holländische Pärchen ist bereits da und wärmt sich die Suppe auf, die zwei Schwedinnen lassen auf sich warten. Erst abends sinken sie erschöpft auf die Holzbank, doch Zeit für etwas Smalltalk und Sightseeing-Tipps austauschen muss man auch in den Bergen haben. Der letzte Tag gibt nochmal alles: Strahlend blauer Himmel, türkisfarbene Seen und einsame Berglandschaften versüßen uns den verregneten Vortag. Pünktlich am Wanderparkplatz kommt auch schon Alan herangebraust und nimmt uns zurück nach Queenstown: Vier Tage durch die neuseeländische Wildnis liegen hinter uns, Challenge bestanden! Das erste, was wir dann gemacht haben war: Duschen und richtig essen gehen. Ja, die Annehmlichkeiten der Zivilisation lernt man durch solche Aktionen erst richtig zu schätzen.

Die Aussicht auf die Berge am Lake Wakatipu sind jede Mühe wert!

On the bright side of life: Sydney

Weltreise Teil 2: Die Sydneysider können sich glücklich schätzen. Sie leben in einer der lebenswertesten Städte der Welt. Regelmäßig landet die australische Metropole auf einem der vorderen Plätze. Ich finde: zu recht.

Denn das, was ich in den sechs Tagen dort gesehen habe, verheißt viel Gutes. Die Leute sind entspannt, das ist kein Klischee. Der Busfahrer, den man nach der Route fragt: „No worries“, irgendwie findet man den Weg schon. Und gut angezogen sind sie, die Bewohner Sydneys. Männer in Anzügen und Frauen in Kleidern, das sieht man bei uns höchstens in großen Konzernen. In Sydney laufen sie im Central Business District alle so herum.

Was noch mit reinspielt? Das Wetter! Als wir da waren, war es leider an einigen Tagen bewölkt, doch sobald die Sonne herauskommt und der blaue Himmel strahlt, ist es Sommergefühl pur. Dazu das Wasser, die Palmen, die exotischen Vögelschreie, die Blumen. Ja, Sydney macht Spaß.

In der Walsh Bay, dem ehemaligen Hafenviertel, das nun schick renoviert ist.
In der Walsh Bay, dem ehemaligen Hafenviertel, das nun schick renoviert ist.

An einem Tag waren wir auch am Strand, genauer gesagt an den fünf Stränden: Der 5-Beaches-Walk (Coastal Walk) geht an der Küste entlang, wir sind in Bondi gestartet und in Coogee wieder herausgekommen. Tiefe Einblicke die ganze Küstenlinie entlang. Und auch Manly kann ich nur empfehlen: Vom North Head, dem nördlichsten Punkt Sydneys kann man die Meerenge bestaunen, durch die Schiffe in die Bucht von Sydney einfahren. Dazu die Multikultigesellschaft, alles scheint friedlich nebeneinanderzuleben und zu funktionieren.

Aber das kann auch ein Trugschluss sein, schließlich lassen die Australier längst nicht jeden Flüchtling ins Land. Es wird hart ausgesiebt, die meisten kommen erst gar nicht ins Land, sondern bleiben in einem der Camps auf der Pazifikinsel Nauru und in Papua-Neuguinea, die Australien unterhält. Das kann nicht als Vorbild für Europa dienen, ist meine Meinung. Vor allem, da Schreckensberichte über desaströse Zustände ihren Weg an die Öffentlichkeit finden, zum Beispiel über den Guardian. Im Land selbst scheint die Integration dafür gut zu funktionieren. Doch zu welchem Preis…?

Die Harbour Bridge, neben der Oper und dem Ayers Rock DAS Wahrzeichen von Australien.
Die Harbour Bridge, neben der Oper und dem Ayers Rock DAS Wahrzeichen von Australien.

Auf jeden Fall machen:

  • Das Hafenviertel (The Rocks und Walsh Bay)  erkunden. Ist mittlerweile restauriert und veredelt und hat sich trotzdem seinen rauen Industriecharme bewahrt. Da erahnt man Sydneys Seemanns-Vergangenheit.
  • In die vielen Parks gehen oder die einfach die grünen Flecken genießen, Sydney ist echt grün.
  • Auch mal andere Stadtviertel erkunden: Balmain mit der Darlingstreet oder Glebe mit seinen tausenden Cafes und Geschäften. Beides erinnert ein bisschen an Nippes oder Ehrenfeld.
  • Sich morgens von den Vögeln wecken lassen. Man hat das Gefühl, man ist im Dschungel, so exotisch und melodisch wirken die Vogelstimmen auf eine Europäerin.

Auf keinen Fall machen:

  • Die Distanzen unterschätzen. „Ach, lass mal eben über die Harbour Bridge laufen.“ Sieht nicht so weit aus, aber Sydney ist ganz schön großflächig. Und sehr hügelig. Da muss man gut zu Fuß sein. Aber dennoch ist das – zumindest für mich – die schönste Art, eine Stadt zu erkunden.

Bunt, laut, einfach gigantisch: Hongkong

Weltreise Teil 1: Wir starten unsere Tour! Warum uns die chinesische Metropole für einen miesen ersten Tag entschädigen muss und wie die unglaubliche Stadt das meistert.

Haima macht den Hongkonger Bewohnern ganz schön Beine – und beschert den Kaufhäusern enorm viel Kundschaft. Haima wurde der tropische Taifun getauft, der gerade, als mein Freund und ich in Hongkong ankamen, aufs Festland traf. Unaufgeregt fing er als mittelschweres Lüftchen an, doch irgendwann prasselte der Regen, die Leute beeilten sich über die Straße zu kommen und knubbelten sich in den Eingängen der Kaufhäuser, um nicht nass zu werden. Und wir mit ihnen.

Als ich das geschrieben habe, haben wir uns gerade in einem Café in einem Einkaufszentrum verkrochen. Wir mussten Zeit totschlagen, weil wir noch nicht einchecken konnten. Aber um großartig die Stadt zu erkunden, hat uns nach einem 11-Stunden-Flug und einem Wachzustand seit deutlich mehr als 24 Stunden dann doch die Energie gefehlt. Und wie sollte man das auch, bei dem Wetter?

Der Blick über Hongkong vom Victoria Peak aus. Belohnt für die Plackerei des Aufstiegs!

So begrüßt uns also die ehemalige britische Kolonie: Männo! In Hongkong starten mein Freund und ich unsere Weltreise – und wie erwartet ist es ein Kulturschock. Dreckige Straßen, stinkender Müll und Brackwasserlachen neben super teuren Boutiquen, unglaublich engen Häuserschluchten, Menschenmassen: typisch Asien eben – aber eine atemberaubende Skyline kann Hongkong auf jeden Fall bieten. Die Hochhäuser, im Hintergrund die Berge, von denen der „Peak“, also der Hongkonger Hausberg wohl der bekannteste sein dürfte. Den haben wir natürlich auch bestiegen. Bereits am nächsten Tag hat sich Haima nämlich verzogen und atemberaubende Blicke auf die Stadt freigegeben.

Hongkong schlägt New York?

Und die hat sich beeilt, das wüste Wetter vom Ankunftstag wieder wettzumachen: Nicht nur beim Sonnenuntergang hat uns Hongkong beeindruckt, ebenso in der Dunkelheit, wenn tausende Fassaden, Farben, Schriftzüge um die Wette blinken, funkeln, blitzen. Was für eine geile Skyline! Ich war noch nie in New York, mein Freund schon und er war felsenfest davon überzeugt: „Da kann New York definitiv nicht mithalten!“

Im Inneren des Sik Sik Yuen (Wong Tai Sin) Tempel.
Im Inneren des Sik Sik Yuen (Wong Tai Sin) Tempel.

Was darf in China natürlich auf keinen Fall fehlen? Tee trinken, Tee testen, Tee kaufen selbstverständlich. Gerade in Hongkong trinken die Chinesen gerne Oolong, der häufig vom nahe gelegenen Taiwan stammt, aber auch aus den chinesischen Nachbarprovinzen. Manchmal sieht man auch die Bezeichnung „Wulong“, die aber die gleiche Teesorte beschreibt: Den halbfermentierten Grüntee, geschmacklich zwischen grünem und schwarzem Tee, aber mit einem ganz anderem Aromaspektrum.

Ähhh...eine Mischung aus Miss Piggy und Meister Yoda? Diese kuriose Statue habe ich im Wong Tai Sin Tempel gefunden, neben ähnlichen Götterstatuen wie Kaninchen, Vogel und noch viel mehr.
Ähhh…eine Mischung aus Miss Piggy und Meister Yoda? Diese kuriose Statue habe ich im Wong Tai Sin Tempel gefunden, neben ähnlichen Götterstatuen wie Kaninchen, Vogel und noch viel mehr.

Meine neuste Errungenschaft: Tie Guan Yin. Mit mehr als 20 Euro pro 100 Gramm gewiss kein Schnäppchen, aber die Teesorte gilt als die beste in China, vor allem die Herbsternte. Übersetzt bedeutet der Name die Eiserne Göttin der Barmherzigkeit und es ranken sich diverse Mythen und Geschichten um diese Oolongsorte. Da ich mein Zubehör auf der Reise nicht bei mir habe, muss ein Tasting wohl bis Weihnachten warten. Mal eben so in ein Glas schütten tue ich diesem Tee ganz bestimmt nicht an :). Der Anfang ist gemacht mit unseren Tagen in Hongkong, es ruft: Sydney.

Ich vor der Skyline. Man sieht: Es hat was gedauert, bis der Himmel aufgeklart ist nach dem Sturm.
Ich vor der Skyline. Man sieht: Es hat was gedauert, bis der Himmel aufgeklart ist nach dem Sturm.

Auf jeden Fall machen:

  • Den Peak besteigen und die Aussicht genießen (zu Fuß sind es gute anderthalb Stunden und es ist richtig anstrengend, ist aber eine schöne Strecke)
  • Dumplings (gefüllte Teigtaschen) bestellen und dann mit Stäbchen essen. Die wahnsinnig leckere Soja-Chili-Knoblauch-Soße nicht vergessen!
  • Einen Tempel besuchen und das duftig-rauchige Aroma der Räucherstäbchen genießen.

Auf jeden Fall vermeiden:

  • Auf die aufdringlichen Verkäufer hören und sich was aufschwatzen lassen. Eine echte Rolex, jetzt hier, mal eben am Straßenrand zu kaufen für paar Dollar? Klaaaaar… Am besten einfach ignorieren.

 

In 67 Tagen um die Welt: Wie alles begann

In fünf Tagen sitze ich im Flieger nach Hongkong. Wunderbare 9 einhalb Wochen Freiheit, Urlaub und Natur liegen vor mir. Ich werde Australien mit seiner roten Erde entdecken, in Neuseeland durch die Fjorde wandern und in Chile das wilde Patagonien erforschen. Wie es zu der Reise kam? Lest selbst.

Zwei Jahre Volontariat liegen hinter mir. Ich hatte mir vor einigen Jahren in den Kopf gesetzt, die klassische Journalistenausbildung zu durchlaufen und habe eins der begehrten Volos ergattert. In den hinter mir liegenden 24 Monaten hat mich die Rhein-Zeitung in Koblenz zur Redakteurin ausgebildet. Eine Zeit, die mich geprägt hat, in der ich nicht nur viel über Journalismus, sondern auch über mich gelernt habe. In den zwei Jahren ist aber auch der Wunsch gereift, länger zu reisen. Im Studium hatte ich irgendwie nie Geld, hatte auch keinen, mit dem ich hätte gemeinsam unterwegs sein können. Jetzt ist Geld und mit meinem Freund auch der perfekte Reisepartner da. Und da ja das Ende des Volontariats abzusehen war, haben wir früh angefangen zu planen.

Sehnsuchtsort Patagonien

Mein Freund und ich träumen schon seit Langem von Patagonien. Ich erinnere mich, dass ich mal als Kind ein Buch gelesen habe, in dem ein Junge mit seinem Hund durch Patagonien fährt. Wahrscheinlich werfe ich die Story im Nachhinein total durcheinander. Ich weiß heute nur, dass meine kindliche Fantasie beim Lesen auf Hochtouren lief. Eines Tages werde ich dieses gelobte Land mit eigenen Augen sehen.

Aber natürlich kommt am Ende nie das heraus, was man anfangs angedacht hatte. Zuerst wollten wir eine große Südamerikatour machen, dann hat mein Freund den Job gewechselt und konnte nicht mehr als die üblichen drei Wochen Jahresurlaub nehmen – auf einmal stand die ganze Reise auf der Kippe. Mann, war ich enttäuscht! Aus zwei bis drei Monaten Südamerika sollte auf einmal nur drei Wochen Chile werden? Selbst, wenn mit der Trekkingtour in Patagonien ein Kindheitstraum in Erfüllung geht, war für mich von Anfang an klar: Dabei wird es nicht bleiben. Ich hatte mich in den Gedanken festgebissen, mal länger und weiter weg zu fahren. Raus zu kommen aus dem Alltag, komplett weg und nicht nach zwei, drei Wochen wieder am Schreibtisch sitzen zu müssen. Ich wollte mehr von der Welt sehen.

Das Länderoulette beginnt

Welche Alternativen hatte ich? Einen großen Teil der Reise werde ich ja alleine zurücklegen müssen. Urlaub in Peru auf einer Ökofarm? Gruppenreise nach Costa Rica? Oder doch einfach mit meiner Schwester nach Italien? Diverse Pläne schwirrten mir durch den Kopf, bis mein Freund auf die Idee kam: „Sag mal, warum fährst du nicht nach Australien? Dann kommst du von der anderen Seite und wir treffen uns in Chile.“

Erster Eindruck: Hmmmm, geht so. Hat mich ehrlicherweise nicht vom Tisch gehauen. Australien: Reizt mich das? Ich erinnere mich an eine Zeit (ich muss so 13, 14 Jahre alt gewesen sein), da hab ich mich für diesen Kontinent interessiert, habe Bücher über die Traumzeit der Ureinwohner gelesen und mir die Aborigines vorgestellt, wie sie früher über die heiße Erde gelaufen sind und eins mit der Natur waren. Doch dann fingen einige Mitschülerinnen an, dieses Land als ihren Sehnsuchtsort zu hypen und irgendwie habe ich daraufhin die Lust verloren. Auch im Studium konnte ich dem Gedanken, dort ein Auslandssemester zu verbringen – was gefühlt jede/r Zweite vorhatte – nicht viel abgewinnen. Australien war für mich da, wo alle hinfahren. So etwas schreckt mich ab, was man auch ein wenig an der Wahl meiner Reiseziele der letzten Jahre sieht: Mongolei und Aserbaidschan sind keine klassischen Touri-Länder. Genau solche Regionen reizen mich allerdings total.

In 67 Tagen einmal komplett um den Globus

Daher war ich zuerst skeptisch, aber als ich mich mit dem Land intensiver auseinandersetzte, wusste ich: Das ist die perfekte Ergänzung zu Chile. Die rote Erde im Outback, die Südküste mit der Great Ocean Road und ja, ich will am Hafen in Sydney stehen und genau das Foto schießen, was jeder Tourist von dort mit nach Hause nimmt. Dazu Neuseeland mit seinen Fjordregionen und der rauen Natur – ist ja quasi alles um die Ecke. Und wenn man schonmal umsteigen muss, dann kann man ja auch noch paar Tage Asien mitnehmen. So habe ich mir das perfekte Paket geschnürt und starte in China zu 9-einhalb-Wochen-um-die-Welt. Und siehe da, das Schicksal meint es gut mit mir: Mein Freund kann sich jetzt doch eine längere Auszeit nehmen und wir machen die Tour zusammen. Also dann, auf geht es! Erster Stop: Hongkong.