Alle lieben Bülent

Bülent Ceylan ist der vielleicht erfolgreichste Comedian zurzeit in Deutschland. Er füllt neben ganzen Arenen die Lücke, die Kaya Yanar hinterlassen hat. Yanar war der erste Comedian, der schamlos (und häufig politisch unkorrekt, aber immer mutig) kulturelle Befindlichkeiten der Türken und der Deutschen aufgezeigt hat. Auch Bülent Ceylan hat als großes Thema Sprache und Kultur. Er legt aber viel mehr Wert auf ernsthafte Botschaften: Kampf gegen Rassismus und für Toleranz schreibt er sich auf die Fahne.

Es sind die Haare: Sie sind das Geheimnis von Bülent Ceylan. Wie er mit ihnen spielt, sie in seine Gags einbaut oder mit ihnen rockt. „Haardrock“ heißt dann auch die aktuelle Tour des Comedians. Ceylan beginnt seine Show mit einem Donnerschlag: Futuristische Lichteffekte erhellen den Saal, das Publikum reißt es bereits nach wenigen Sekunden von den Sitzen. Regionale Besonderheiten von Sprache und kulturelle Eigenheiten von Menschen aufs Korn zu nehmen, ist die Spezialität des Comedians. Gnadenlos macht er sich über Dialekte lustig: Da führt er schon mal ein komplettes Beziehungsgespräch mit „Ossi“-Akzent („Der Dialekt ist brutal, da kann einer aussehen wie Brad Pitt!“). Ceylan selbst kokettiert stark damit, mannemerisch zu „babbeln“. Auch nimmt er die deutsche Sprache unter die Lupe und klamüsert Sprichwörter aus: „Weniger ist mehr. Das stimmt gar nicht: Weniger ist immer weniger – ich hab’ nachgezählt.“

Interkulturelle Witze

Der 38-Jährige, der 2012 mit dem Deutschen Comedypreis ausgezeichnet wurde, zeigt gern interkulturelle Unterschiede zwischen den Völkern auf und entlarvt die jeweiligen Befindlichkeiten: „Letztens war ich beim Urologen. Aber da bin ich ganz Osmane. Überall Probleme – nur unten nicht.“ Weiter geht es durch den Abend: Ceylan analysiert die Beziehung zwischen Männer und Frauen – ein klischeereicher Klassiker! – und erzählt davon, wie es ist, als kleiner Junge von einem türkischen Vater aufgeklärt zu werden – Sensibilität darf hier nicht erwartet werden. Bei all dem bezieht Ceylan gern das Publikum in seine Show ein. Zwischendurch schlüpft der Comedian auch in seine altbekannten Rollen und lässt das verschüchterte Sensibelchen Harald zu Wort kommen.

Verschiedene Charaktere als Markenzeichen

Als Kontrast dazu gibt es „Supertürk“ Hasan, Ceylans Version eines türkischen muskelbepackten Prolls. Hasan steht auf Frauen mit Charakter: „Alles andere kann man operieren.“ Ceylan erscheint auch als pelzbehangene Etepetete-Diva Anneliese auf der Bühne (hier fehlt nur noch der kleine Chihuahua als modisches Accessoire) und als knurriger, rassistischer Hausmeister Mompfred – eine Mischung aus Hitler und Gollum, dem sabbernden Monster aus Herr der Ringe. Aber beim Thema Fremdenfeindlichkeit hört der Spaß auf, die Zuschauer hören auf einmal ernste Töne von Ceylan. „Ich möchte ein Statement setzen“, sagt er und beendet den Abend mit einem rockigen Lied gegen Nazis und für Toleranz. Die Show endet mit einem Feuerwerk, Luftschlangen regnen von der Decke hinab. Tosender Applaus begleitet Ceylan von der Bühne.

Köln (nicht nur) für Anfänger

Jeder kennt das Phänomen: Man wohnt in (oder in der Nähe) einer Stadt, fährt tagtäglich die gleiche Strecke ab, kommt aber nie dazu, sich intensiver mit ihrer Geschichte zu befassen oder einfach mal einen Blick hinter ihre Kulisse zu werfen. Wer jetzt nickt und sagt: „Ja, kenn ich“ und wer aus Köln oder Umgebung kommt, dem sei die One-Woman-Kabarettshow von Marina Barth ans Herz gelegt. „Köln (nicht nur) für Anfänger“ heißt das Stück, das im Kabarett Klüngelpütz in der Gertrudenstraße läuft. Mit Witz & Charme (ja, das klingt jetzt abgedroschen, trifft aber in diesem Fall zu!) ergründet die Schauspielerin die kölsche Seele und das kölsche Alltagsleben (musikalisch unterstützt von Joachim Jezewski). Wer sich schon immer gefragt hat, wie der „kölsche Klüngel“ entstanden ist, der ist im Programm richtig. Scharfsinnig analysiert und hinterfragt Barth das „man kennt sich – man hilft sich“, das die Stadt am Rhein so berühmt gemacht hat (leider in negativer Hinsicht).

Ein Streifzug durch die Kölsche Geschichte und Kultur

Barth nimmt außerdem berühmte Kölner Persönlichkeiten auf die Schippe, ob den in Köln allgegenwärtigen Alfred Neven DuMont oder die Bankiersfamilie Oppenheim. Auch der ungeliebte und glücklose Kardinal Meisner kriegt sein Fett weg. Zur Legende des Kölnisch Wasser 4711 sagt sie nur: „Die Kölner erzählen sich so lange eine Geschichte, bis sie sie selber glauben. Das nennt man ,verifizieren’.“ Weiter geht es querbeet durch die Römerzeit, den Karneval und natürlich dürfen auch die KVB-Kontrolleure in diesem Kabarettstück nicht fehlen: Was wäre Köln ohne seine Verkehrsbetriebe?

Marina Barths gesangliche Einlagen sind charmant und amüsant, trotz einige Tonunsicherheiten, die man ihr aber gerne verzeiht. Wenn man nach diesem höchst amüsanten Abend in dem kleinen, etwas ranzigen, aber gemütlichen Etablissement, dessen rote Stühle und Teppich den Charme vergangener Tage verströmen (das aber auch irgendwie was von Studenten-WG hat), durch Köln fährt, wird man die Stadt mit anderen Augen sehen: Vermutlich werdet ihr sie noch mehr lieben als zuvor!