Irland ist ein Faszinosum. Die grüne Insel zieht Menschen magisch an, es pilgern ganze Scharen dorthin. Heinrich Böll hat 1957 ein „Irisches Tagebuch“ herausgebracht. Letztes Jahr habe ich mich dazu entschlossen habe, mit die saftigen grünen Wiesen selber anzuschauen.
Böll schreibt: „Als ich an Bord des Dampfers ging, sah ich, hörte und roch ich, dass ich eine Grenze überschritten hatte.“ Nun gut, meine Reise geht nicht übers Wasser, sondern durch die Luft. Bölls Erzählung ist ja nun auch schon über 50 Jahre her, so viel Nostalgie muss nicht sein. Eine Woche verbringe ich in Irland, zuerst drei Tage in Dublin, dann reise ich über Limerick an die Westküste und über Galyway wieder zurück nach Dublin.
Dublin – Epizentrum der irischen Kultur und Lebensfreude
Was soll man zu Irland Hauptstadt sagen? Bunt, quirlig, laut, toll! So viele bunte Pubs, rote Busse, farbige Schilder sieht man nirgendwo wie in Dublin. Dazu kommen die Menschenmassen: Irland hat die höchste Geburtenrate der EU, und das merkt man auch! Die Einkaufsstraßen sind voller kauflustiger Leute (Krise? Welche Krise?!), selbst an Sonntagen gehen die Iren einkaufen. Wobei man hier fair sein muss: Spuren der Krise kann man tatsächlich erkennen: Es gibt unheimlich viel Leerstand im Stadtbild, die „zu verkaufen“-Schilder sprechen eine deutliche Sprache.
Mediterranes Ambiente im hohen Norden
Doch von solchen Umständen scheint sich das Völkchen nicht unterkriegen zu lassen: Abends wird in den Pubs gefeiert, in den Straßen wird Musik gemacht, spontan gesellen sich paar Jugendliche dazu und singen: Ein mediterranes Flair kommt auf, fast könnte man meinen, man sei in Italien oder Spanien. Aber nur fast, denn das Wetter ist in der Tat rau. Ich hatte Glück: Während meiner Reise hat es nur an zwei Tagen geregnet, dafür aber umso heftiger. Einmal hat es mich im wunderschönen Gebirge der Wicklow-Mountains erwischt. In der Nähe der Ruinen der Wohnstätten des heiligen Kevin aus dem sechsten Jahrhundert liegt der „Upper lake“ – profaner Name, dennoch wunderschön! (Und ja, es gibt auch einen „lower lake“).
Doch das Wetter im Gebirge kann schnell umschlagen: Innerhalb von wenigen Minuten türmen sich Wolken zusammen und es schüttet wie aus Kübeln, da zeigt Irlands Natur, dass sie durchaus zu recht als „unbändig“ und „unberechenbar“ angesehen wird. Besonders empfehlenswert ist Howth, eine kleine Halbinsel im Nord-Osten von Dublin, mit der DART-Bahn eine knappe halbe Stunde entfernt. Schon ist man an der See und kann das süße Hafenstädtchen erkunden oder umrunden. Man kann direkt an den Klippen an der ganzen Halbinsel entlang gehen: Spektakuläre Ausblicke sind garantiert!
Alles, was mit Kunst & Kultur zu tun hat, findet man in Dublin: Diverse Museen und Kirchen laden ein, keltische bis viktorianische Jahrhunderte zu entdecken. Die Museen kosten sogar keinen Eintritt (echt toll, wobei….wie ist Irland noch mal in die Krise geraten?….). Weiter geht’s nach Limerick: Eine nette Innenstadt mit Burg, Fluss und einer Kirche, der Rest ist hässlich. Na, kein Wunder, Limerick ist bzw. war auch die klassische Arbeiterstadt. „Die Asche meiner Mutter“ erzählt von einer schwierigen irischen Kindheit in Limerick. Die Iren haben in ihrer Geschichte erlebt, was Not ist.
Die Küste
Es regnet. Und es ist windig. Und ungemütlich. So sieht das typisch irische Wetter an der Westküste aus: Kalte Atlantikwinde wehen einem oder einer Sprühregen ins Gesicht. Jetzt zahlt sich die Investition in eine wasser- und windabweisende Jacke aus (Ha, die 80 Euro waren doch nicht für die Katz! Ich hatte bei dem Preis kurzzeitig daran gezweifelt…). Hier findet man endlich ein bisschen mehr Ruhe als im überdrehten Dublin (aber es sind immer noch viele Touristen da, es gibt überall Touristen!). Aber hier kann man auch mal wandern, ohne auf Menschen zu stoßen. Eine raue, herbe, unwirtliche Landschaft, trotzdem einfach faszinierend: Wie sich die Wolken zusammenballen und wieder auflösen, wie sich das Meer den Winden beugt und wie knallbunte Blumen innerhalb der grünen Wiesen dem Wind trotzen.
Und es ist wirklich wahr: Irland ist grün! Grüne Wiesen, sobald das Auge reicht. Schafe, die zwischen Steinmauern grasen. So stellt man sich Irland wirklich vor und so findet man es auch noch abseits der Städte. Sehr zu empfehlen ist die karge Landschaft des Burren: Eine Steinlandschaft, geschaffen von der letzten Eiszeit, als das Eis die Steine zusammengepresst hat. Ähnelt dem, was man sich unter einer Mondlandschaft vorstellt, ist aber keineswegs öde oder langweilig, sondern erstaunend: teilweise sehen die Steine wie mit dem Lineal gezogen aus und man kann überall kleine Pflanzen zwischen den Steinen herausgucken sehen.
Zurück in der Zivilisation
Galway ist eine kleine, süße, bunte Stadt mit einem tollen Stadtmuseum und leckeren Cafés. Das ist die Erkenntnis von einem Tag in Galway, denn schon geht es zurück nach Dublin, wo ich in eine Tierschutz-Demo reinstolpere. Respekt, es gibt anscheinend Iren, die nicht nur ihre Zähne in etwas hineinschlagen wollen, das einmal gelebt hat. Ich bin beeindruckt! Aber VegetarierInnen können beruhigt sein: Es gibt genug nicht-fleischliches zu essen: gute Fritten, leckere Sandwiches und natürlich hat Alkohol auch Kalorien…
Minus:
Leider sind alle schönen Ziele von Touristen überschwemmt, das war eine herbe Enttäuschung. Nichts von wegen Einsamkeit und Mystik – zumindest die Stellen, die in irgendeiner Weise in einem Reiseführer erwähnt werden, teilt man sich mit Familien mit kleinen, weinenden, zankenden Kindern, die natürlich noch mit dem Hund da sind, asiatischen Reisegruppen (ich hasse es, Klischees bestätigen zu müssen, aber die machen echt viele Fotos!) und Unmengen an Deutschen. Es ist unglaublich: Selbst im hintersten Kaff kann man noch Deutsche kennenlernen. Ja, es stimmt: Wir sind nicht nur Papst, wir sind auch Reiseweltmeister. Witzig, aber irgendwann nervt es auch, (gefühlt) an jeder Ecke auf deutsche Touristen zu treffen.
Plus:
Die Touristenhorden haben auch Vorteile: Es ist so leicht wie nie, mit fremden Leuten ins Gespräch zu kommen. Auch wenn man alleine reist, findet man immer jemanden, mit dem man sich unterhalten kann (zumindest wenn man häufig in Hostels unterwegs ist). Ich habe mich noch nie mit so vielen jungen Leuten aus so vielen verschiedenen Ländern unterhalten: Grandios!
Nicht verpassen:
Eigentlich völlig unnötig, das zu erwähnen, aber gutes irisches Bier trinken und dabei einigen TänzerInnen auf der Bühne zuzusehen, ist schon ein großer Genuss. Der irish dance erfordert viel Geschicklichkeit und Schnelligkeit und die irische Musik hat von tieftraurig-melancholisch bis fröhlich-ausgelassen alle Facetten!
Wer Irland mag, wird auch Schottland lieben! Hier geht es zu meinem Reisebericht zu meiner Wanderwoche in Oban.
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