Ist euch auch in letzter Zeit aufgefallen, dass viele überregionale Medien das Thema „negative Nachrichten“ verstärkt aufgreifen? Getriggert vom Ukraine-Krieg, der Inflation, steigenden Energie- und Lebenshaltungskosten sind in den vergangenen Monaten immer mal wieder Berichte und Ratgeber erschienen, wie der Mensch mit all den schlechten Nachrichten, die auf ihn einprasseln, umgehen kann.
Zum Beispiel der Spiegel, der eine Neurowissenschaftlerin zitiert, die zu bewussterem Medienkonsum rät. Die ZEIT spricht in einem Kommentar von der „Krisenkrise“. Exzessiver Nachrichtenkonsum hat mittlerweile auch einen Namen: Doomscrolling wird es genannt, wenn man so viele schlechte Nachrichten konsumiert, dass man selbst davon heruntergezogen wird. Dass gerade jetzt mehr darüber diskutiert wird, ist nicht verwunderlich: Schließlich leben wir in Zeiten, in denen viel Schlimmes passiert, die Welt unsicherer denn je erscheint.
Doch natürlich müssen sich „die Medien“ (ich verallgemeinere jetzt bewusst stark) natürlich auch damit auseinandersetzen, welchen Anteil sie an der Entwicklung haben. „Bad news is good news“ hieß es früher: Und es bestätigt sich oftmals in den Klickzahlen der Artikel. Unfälle, Katastrophen und negative Beispiele haben oftmals einen (vermeintlich) höheren Nachrichtenwert und werden mehr gelesen.
LeserInnen wünschen sich mehr Positives
Doch Leserbefragungen zeigen immer wieder auf, dass sich die Leserschaft auch positive Nachrichten wünscht. Die ZEIT hat beispielsweise darauf reagiert und bietet in der Rubrik Nur Gutes „ausschließlich erfreuliche Meldungen und inspirierende Texte“ an. Auch die Süddeutsche bietet so etwas an. Das ZDF hat seinen „Good News Blog“ schon wieder eingemottet, aber auch bei anderen Medien hat man das Gefühl, dass diese Seiten ein Sammelsurium von Themen und eher das Ergebnis eines Algorithmus sind als gezielte positive Geschichten – frei nach dem Motto: Alles, was nicht Mord- und Totschlag ist, kommt darein.
Ja, der Mensch scheint darauf geeicht, schlechten Nachrichten einen höheren Stellenwert einzuräumen, das macht vermutlich evolutionstheoretisch Sinn. Aber dass eine solche Fülle an schlechten Nachrichten – und nie war es so einfach, so viel davon zu konsumieren – einen herunterziehen und im Extremfall sogar krank machen kann, wird mittlerweile auch untersucht.
Vorzeigeprojekte und Vorbilder wichtiger denn je
Ich bin der Meinung, dass die Berichterstattung zu gezielt positiven Geschichten, Erfolgsstorys, Vorzeigeprojekten und Vorbildern jeglicher Art heute wichtiger denn je sind. Weil sie den Leserinnen und Lesern zeigen, was möglich ist. Dass eben nicht alles verloren ist, wie es manchmal scheint, gerade beim Beispiel der Klimawende. Dass die Menschheit durchaus sehr konstruktiv an Probleme herangehen kann – sonst hätte sie womöglich auch nicht so lange überlebt. Vielleicht mal lieber jemanden vorstellen, der in einem Passivhaus lebt oder sich komplett autark mit Energie versorgt als zum hundertsten Mal schreiben, dass die Energiewende stockt.
Ich möchte nicht falsch verstanden werden: Auf keinen Fall will ich dazu aufrufen, unangenehme Wahrheiten unter den Teppich zu kehren, Journalismus ist schließlich dafür da, den Finger in die Wunde zu legen und Missstände aufzuzeigen. Doch wir JournalistInnen sind manchmal zu sehr auf Negatives fixiert und übersehen die positiven Geschichten, die genauso Teil der Wahrheit sind wie die anderen. Ich zumindest habe mir vorgenommen, auch und gerade im Lokaljournalismus gezielt nach diesen Geschichten zu suchen.