Pressefreiheit in der Türkei: Der „peak point“ ist erreicht

Die Einschränkungen nehmen zu, mehr als 130 Medienhäuser mussten laut Reporter ohne Grenzen ihre Berichterstattung bereits aufgeben. Ferda Cetin, General Coordinator eines kurdischen Fernsehsenders, klagt an. Fragen zur Meinungs- und Pressefreiheit musste sich auch der türkische Außenminister Cavusoglu (Bild oben, vor Journalisten im Europarat) stellen.

„Der peak point ist erreicht“, sagt Ferda Cetin. Er leitet Med-Nuc TV, einen kurdischen Fernsehsender. Allein in den letzten Wochen mussten 12 Fernseh- und 11 Radiosender ihre Pforten schließen. Auch Med-Nuc TV hatte eine Nachricht bekommen. Sie müssen dicht machen. Grund? „Bedrohung der öffentlichen Sicherheit“, heißt es laut Cetin. Doch die Journalisten wollen weiterkämpfen, schließlich hätten sie eine europaweite Lizenz, sagt Cetin. Er versucht, seine Sendungen jetzt durch andere Satellistenfrequenzen aus Brüssel zu senden. Auch weitere kurdische Fernsehsender senden mittlerweile aus Skandinavien oder Zypern.

„Erdogan is creating a dictatorship“, sagt Ferda Cetin. Ertugrul Kurkcu, Abgeordneter der Parlamentarischen Versammlung des Europarats in Straßburg, sieht es ähnlich: „The sphere of democracy and press freedom is shrinking on a mininum.“

Türkischer Außenminister Cavusoglu vor dem Plenum im Europarat

Presse- und Meinungsfreiheit sind Menschenrechte. Zu denen musste sich der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu (Bild oben) Fragen gefallen lassen, als er die Parlamentarische Versammlung in Straßburg besuchte. Denn die sind in der Türkei nach dem versuchten Putsch am 15. Juli durch die Ausrufung des Notstands und Außerkraftsetzung von Paragrafen offiziell eingeschränkt. Wann der Notstand denn wieder aufgehoben wird, wurde er nach seiner Rede im Plenum des Europarats gefragt.

Cavusoglu machte darauf aufmerksam, dass Frankreich ja auch den Ausnahmezustand nach den Attentaten ausgerufen und verlängert habe. Und nein, er wolle keine Vergleiche ziehe, sagte er und zog ihn genau durch diese Rede aber: In der Türkei habe es 10 oder mehr Anschläge in letzter Zeit gegeben. So legitimiert der Außenminister das Fortbestehen des Notstands. Wenn sich der Zustand bei uns normalisiert, wird er aufgehoben, sagte er unverbindlich.

Weiterhin eins der Schlusslichter beim Thema Pressefreiheit

Die Abgeordneten befragten den türkischen Außenminister weiter zu der Beweislage gegen Fetullah Gülen, wie er es mit der Todesstrafe, die neuerdings wieder zur Debatte steht, halte und was die Türkei beim Frozen Conflict um Berg-Karabakh zwischen Armenien und Aserbaidschan zu tun gedenke. Trotz freundlicher Worte – schließlich war Mevlüt Cavusoglu zwei Jahre lang Präsident der Parlamentarischen Versammlung des Europarats gewesen – zeigten die Abgeordneten, dass sie Anworten von ihm haben wollten. Überraschende Antworten gab es allerdings nicht. Und auch keine absehbaren Verbesserungen für die türkischen Medien. Die Türkei befindet sich mittlerweile auf Platz 151 von 180 auf der Rangliste der Pressefreiheit, die Reporter ohne Grenzen aufstellt.

Ferda Cetin (auf der Tribüne, zweiter von links) berichtete während des Europarats in Straßburg von den Repressalien, denen türkische und kurdische Medien ausgesetzt sind.
Ferda Cetin (auf der Tribüne, zweiter von links) berichtete während des Europarats in Straßburg von den Repressalien, denen türkische und kurdische Medien ausgesetzt sind.

 

 

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